Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 2. bis 8. Dezember 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

Hanebüchene Anklage gegen Julius Viel

Kriegsgefahr in Südserbien

PDS-Anfrage zum "Ostpreußenblatt"

Antijüdische Anschläge von Arabern verübt

BRD und Niederlande lockern Grenzen auf

Deutsch-arabische Zusammenarbeit?

SPD instrumentalisiert Sommerlochdebatte

Schwere Krawalle in Nizza

Jürgen Falter zur Strategie Schröders

ETA-Drohung gegen Daviscupfinale

Israel stimmt UN-Untersuchung zu

Spannungen in Nordirland

Jehud Barak tritt zurück

Sektiererische Morde in Belfast

Klump-Anklage erschüttert

UVF und UDA verhandeln weiter

RZ-Prozeß in Berlin beginnt

Johnny Adair bald wieder frei

China verhandelt mit dem Dalai Lama

John Hume verläßt Stormont-Parlament

NPD bestimmt Vertreter für Karlsruhe

Kapital, Faschismus und Globalisierung

Bundestag beantragt ebenfalls NPD-Verbot

Jugendstreiktag in Bremen

UN lockern Sanktionen gegen Irak

Hausbesetzung in Bochum gescheitert

Landtagswahlen im Burgenland

e-mail für Christian Klee

 

Zitat der Woche:
"Wir sehnen uns nach Hause und wissen nicht, wohin."
- Joseph Freiherr von Eichendorff

 

In Ravensburg wurde ein sogenannter Kriegsverbrecherprozeß gegen den Journalisten Julius Viel, 82, eröffnet. Die Anklage stützt sich hauptsächlich auf einen einzigen Augenzeugen, den emeritierten kanadischen Ökonomieprofessor Adalbert Lallier. Dieser diente wie Viel im Zweiten Weltkrieg in der Waffen-SS, ehe er nach Kanada auswanderte. Ihre gemeinsame Einheit, ein Lehrgang der SS-Nachrichtentruppe, beaufsichtigte kurz vor Kriegsende zu Schanzarbeiten bei Leitmeritz/Böhmen herangezogene KZ-Häftlinge aus Theresienstadt. Nun soll laut Aussage Lalliers sein Kompaniechef SS-Untersturmführer Viel unvermittelt einen zehnschüssigen Karabiner genommen und unter Entleerung des Magazins sieben jüdische Häftlinge erschossen haben. Die Anklage traf bei Prozeßeröffnung auf den entrüsteten Widerspruch Viels, immerhin Träger des Bundesverdienstkreuzes, der bereits ein Ermittlungsverfahren in den 60ern unbeschadet überstand. Zu Recht, denn die Einheit dürfte mit dem Karabiner 98 k wie kurz ausgerüstet gewesen sein, und dieser verfügte über fünfschüssige Patronenstreifen. Für einen derartig blühenden Unsinn ließ Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm, neuer Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen, sage und schreibe 450 Zeugen in Österreich und der BRD vernehmen und 19 Ordner voller historischer Dokumente zusammentragen.

 

Die PDS machte das "Ostpreußenblatt" zum Gegenstand einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung, ob über die Zeitschrift Erkenntnisse des Verfassungsschutzes vorlägen. Da Revanchismus kein vom Bundesverfassungsschutzgesetz definierter Begriff sei, gebe es keine verfassungsschutzrelevanten Kenntnisse über eine derartige Ausrichtung des "Ostpreußenblattes". Von einer Durchdringung im rassistischen und rechtsextremistischen Sinne könne ebenfalls keine Rede sein, ebensowenig von einer geschichtsrevisionistischen Ausrichtung. Zur Frage, ob es Informationen über eine regelmäßigen journalistischen Austausch zwischen der "Jungen Freiheit" und dem Heimatvertriebenenblatt gebe, teilte die Regierung mit, "die umfassende Beantwortung einer solchen Frage würde eine flächendeckende Überprüfung und Registrierung voraussetzen, wie sie nur von Nachrichtendiensten totalitärer Systeme ausgeübt werde". Na, da sind wir ja beruhigt.

 

Die BRD und die Niederlande unterzeichneten das sogenannte Aachener Memorandum, das die Einrichtung und den Betrieb grenzüberschreitender Gewerbegebiete erleichtern soll. Schilys Staatssekretärin Brigitte Zypries erklärte, mit grenzüberschreitenden Gewerbegebieten werde man Europa von der Basis her aufbauen und die wirtschaftliche Entwicklung der Grenzregionen fördern. Neben der Schaffung grenzüberschreitender kommunaler Arbeitsgemeinschaften als Ansprechpartner für Investoren wird die Übertragung von Hoheitsrechten an grenzüberschreitende gemeinschaftliche Einrichtungen geprüft.

 

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) kritisierte in der "Magdeburger Volksstimme" die politische Instrumentalisierung der Rechtsextremismusdebatte durch die Bundesregierung: "Der Bundeskanzler verfolgt hier eine gezielte Strategie: Er will den Eindruck erwecken, daß alles, was nicht auf der Linie von Rot-Grün liegt, nicht nur rechts, sondern latent rechtsradikal und damit undemokratisch ist." Schröder gehe es nicht um die Bekämpfung des Rechtextremismus, sondern um die Diffamierung der CDU und der konservativen Kräfte. Berlin verschiebe die politische Mitte der BRD nach links, um die Mehrheitsposition der rosa-grünen Bundesregierung zu stärken. Die SPD öffne sich unter dem Schutz einer völlig überhitzten Debatte in Richtung PDS und lenke davon ab, daß es auch das Problem des Linksextremismus gebe. In die gleiche Kerbe schlug CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer in der "BILD am Sonntag" und im Deutschlandradio, als er der Bundesregierung und vor allem Schröder eine Verschiebung des politischen Koordinatensystems vorhielt.

 

Der verdiente Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter verweist darauf, daß rosa-grün nur noch von einem "Kampf gegen Rechts" spricht. Durch diese Verkürzung des Wortes Rechtsextremismus werde die Union bewußt in die Nähe desselben gerückt, wenn nicht mit ihm gleichgesetzt. Falter: "Es ist schon eine enorme demagogische Leistung, dass man rechtsextrem und rechts gleichsetzt und alles, was rechts von einem steht, in den Mülleimer der Geschichte kippen will." Hierbei handele es sich um die "Aufkündigung der Solidarität der Demokraten gegen die Extremisten". Durch die Gleichsetzung von rechts und rechtsextrem mache die Bundesregierung die Extremisten gleichzeitig auch gesellschaftsfähig. Die antifaschistische Perspektive der 68er werde wiederbelebt. Die Bundesregierung führe den 68er-Wahlkampf fort, in dem die Linke sehr sorgsam Begriffe besetzte und damit die politische Lufthoheit errang. Für 2002 erwartet Falter einen überaus schmutzigen Wahlkampf, in dem Schärfe und Emotionalität über rationale Politik triumphieren werden.

 

Die israelische Regierung erklärte sich bereit, mit einer internationalen Ermittlungsgruppe unter dem ehemaligen US-Senator George Mitchell zusammenarbeiten. Die Mitchell-Kommission soll sich in Gesprächen mit beiden Seiten ein unabhängiges Bild von den seit dem 28. September andauernden Auseinandersetzungen machen. Im Gazastreifen mußte sich Palästinenserpräsident Arafat von zionistischen Wehrbauern geschlagene anderthalb Stunden lang an der Weiterfahrt hindern lassen, was den alten Kämpen sichtlich in Harnisch brachte. Erstmals seit der 1. Nahostkonferenz 1991 in Madrid zeigte Arafat sich wieder bewaffnet in der Öffentlichkeit. Nachdem in Amman erneut ein israelischer Diplomat angeschossen wurde, zog Tel Aviv alle Familienangehörigen von Diplomaten aus Jordanien ab. Zum Wochenende hin kam es zu den schwersten Kampfhandlungen seit 14 Tagen, insgesamt stieg die Zahl der Toten auf 276 Palästinenser und 40 Israelis.

 

Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen hat die israelische Knesset die Handlungsfreiheit der Regierung entscheidend eingeschränkt: Ein neues Gesetz untersagt es einem Ministerpräsidenten ohne parlamentarische Mehrheit, internationale Abkommen zu unterzeichnen. Am Ende der Woche kündigte Israels Ministerpräsident Jehud Barak nach dem erneuten Scheitern von Verhandlungen mit dem rechten Likud-Block seinen Rücktritt an, was die Neuwahl des Ministerpräsidenten innerhalb von 60 Tagen bedeutet. Mit diesem Schritt verhinderte Barak die Kandidatur des Nichtabgeordneten und Expremiers Benjamin Netanjaha, da so nur amtierende Knessetabgeordnete antreten dürfen. Bei einer ursprünglich vorgesehenen Selbstauflösung des Parlaments wären ebenfalls Neuwahlen abgehalten worden, und dann hätten auch Nichtparlamentarier kandidieren können. Netanjahus Parteigänger sind nun bemüht, das gültige Wahlgesetz zugunsten des Hardliners zu ändern. Der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmed Tibi erklärte unterdessen, er werde bei den vorgezogenen Neuwahlen als Premierminister kandidieren. Bekanntlich verdankte Barak seinen Erfolg gegen seinen Vorgänger Netanjahu der Unterstützung der in Israel lebenden Araber. In Israel wird der Premierminister direkt gewählt.

 

Wie von uns vorausgesagt, scheint sich der Prozeß gegen die angebliche RAF-Untergrundkämpferin Andrea Klump als ein weiterer Versuch zur Kriminalisierung linker Fundamentalopposition zu entpuppen. Eine Beamtin des BKA sagte vor dem in Stammheim verhandelnden OLG Stuttgart aus, eine Mitgliedschaft Klumps in der RAF-Kommandoebene sei nicht nachweisbar. Der Verfassungsschutz bescheinigte der Angeklagten gar eine kritische Einstellung zur Roten Armee-Fraktion. Die Generalbundesanwaltschaft wirft Klump zweifachen versuchten Mord, Verabredung zum Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor.

 

Vor dem Berliner Kammergericht wurde der Prozeß um Anschläge der linken Untergrundorganisation Revolutionäre Zellen eröffnet. Der Angeklagte Tarek Mohamed Ali Mousli, ein Deutsch-Libanese, zeigte sich rundum geständig, belastete ehemalige Genossen schwer und wird wohl als Kronzeuge in den Genuß einer Bewährungsstrafe kommen. Mousli, der zwischen 1985 und 1995 als Technikspezialist der Berliner RZ fungierte, lieferte im Vorfeld mehrere im Untergrund lebende Stadtguerrilleros ans Messer. Die Generalbundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, 1986 am Anschlag auf den Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald Hollenberg, und 1987 am Attentat auf Günter Korbmacher, Richter am Bundesverwaltungsgericht, teilgenommen zu haben. Hollenberg und Korbmacher wurden durch gezielte Schüsse in die Beine verletzt. Hinzu kommt die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Berliner Sozialhilfestelle für Asylbewerber im Jahr 1987. Mousli hörte jahrelang mit Hilfe eines Scanners die Frequenzen von Polizei, LKA und Verfassungsschutz ab. Der ab Mitte der 80er Jahre einsetzenden Modernisierung im Sicherheitssektor begegnete man, indem man sich über "Mittelsmänner" moderne Polizeifunkgeräte beschaffte, ferner lieferte ein Funktionär der Grünen Informationen aus dem Berliner Innenausschuß und der Polizeiverwaltung. Gefälschte Reisedokumente kamen von einem Mitarbeiter des Computersystems beim Bundeszentralregister. Seit ihrer offiziellen Gründung im Jahr 1973 haben sich die Revolutionären Zellen zu 186 Anschlägen bekannt, davon rund 40 in Berlin. Die Großrazzia der Sicherheitskräfte im alternativen Zentrum Mehringhof (bekannt durch die Antifaschistischen Infobriefe), zuvor jahrelang von der Polizei geduldet, vom 19. Dezember 1999 ging ebenfalls auf Mouslis Aussagen zurück. Verhaftet wurden Harald G., Mitarbeiter der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration, "Hausmeister" Axel H., der in Kanada lebende Lothar E. sowie Matthias B., Kuratoriumsmitglied und Leiter des Akademischen Auslandsamtes der TU Berlin. Mousli belastete ferner den derzeit gemeinsam mit Hans-Joachim Klein wegen des Überfalles auf die OPEC-Konferenz in Wien (1975) angeklagten Rudolf Schindler sowie eine 54jährige Galeristin, die in Frankfurt/Main verhaftet wurde.

 

Die Volksrepublik China hat den seit 1998 eingefrorenen Dialog mit dem Dalai Lama wieder aufgenommen. Im Oktober reiste Gyalo Thondup, der Bruder des geistlichen Oberhauptes der Tibeter, nach Peking und erwirkte die Wiederaufnahme der Gespräche. Die tibetische Exilregierung im indischen Dharamsala ist bereit, eine Delegation nach China zu entsenden. Zhang Qiyue als Sprecherin des chinesischen Außenministeriums bestätigte die Kontakte und nannte die Vorbedingungen Pekings: Anerkennung der untrennbaren Zugehörigkeit Tibets zum chinesischen Staat, Definition Taiwans als abtrünnige Provinz Chinas und Anerkennung der kommunistischen Regierung in Peking als einzig rechtmäßiger chinesischer Zentralgewalt. Der Dalai Lama hat schon vor Jahren auf die Unabhängigkeit verzichtet und fordert nur noch die Autonomie innerhalb der Volksrepublik.

 

Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Focus" hat die NPD ihre Rechtsvertreter für das Verbotsverfahren in Karlsruhe bestimmt. Da die Meldung von "Focus" stammt, halten wir hier Vorsicht für geboten, aber trotzdem: Die Nationaldemokraten werden durch den Publizisten und Rechtsanwalt Horst Mahler, den Vizevorsitzenden Hans-Günter Eisenecker und durch Professor Klaus Sojka aus Hamburg vertreten. Sojka machte sich in der Vergangenheit einen Namen als Kernkraftgegner, Tierschützer und DVU-Funktionär. Der Bundesrat wiederum hat den Verfassungsrechtler Dieter Sellner aus Bonn zum Mandatsträger bestimmt, die Bundesregierung Professor Hans Peter Bull aus Hamburg. Bundesregierung und Bundesrat mußten mittlerweile eingestehen, daß sie ihren Verbotsantrag doch erst im Jahr 2001 stellen werden.

 

Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP sowie unter Enthaltung einiger Grüner beschloß auch der Bundestag, einen eigenen Verbotsantrag zu stellen. Die Ablehnung durch schwarz-gelb sollte keinesfalls mit verdeckter Sympathie verwechselt werden, sondern hat allenfalls taktische Hintergründe wie die mangelhafte Information der Abgeordneten durch das Bundesinnenministerium (CDU/CSU) oder das nicht ausreichende Material (FDP). Erstmals in seiner Geschichte sprach sich der Bundestag damit für ein Parteienverbot aus. Immerhin lehnte das Parlament einen Antrag der PDS ab, nach dem per Änderung des Grundgesetzes "Bestrebungen zur Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankengutes" untersagt werden sollten.

 

Der UN-Sicherheitsrat verlängerte die humanitäre Hilfe für den Irak im Rahmen des Programms "Öl für Lebensmittel" um weitere 6 Monate und stellte 530 Millionen Dollar zur Instandsetzung der irakischen Förderanlagen bereit. Die Auszahlung dieser Mittel hängt jedoch von der Zusammenarbeit der Irakis mit den UN-Inspekteuren ab. Bagdad kann nun über 58 statt 53 % seiner Erdölprofite zum Ankauf von Lebensmitteln und Medikamenten verfügen, ferner wurde ein begrenzter Import bislang verbotener Industrieprodukte gestattet. Bagdad erhält zudem 1,2 Milliarden Dollar aus den Erdölerlösen zur Investition im eigenen Land. Frankreich, China und Rußland setzten sich im UN-Sicherheitsrat mit der Lockerung der UN-Hungerblockade gegen die USA und Großbritannien durch. Der Irak stellte in der vergangenen Woche seine Erdölexporte vorübergehend ein und forderte die Kunden auf, zusätzlich 50 Cents pro Barrel auf ein irakisches Sonderkonto einzuzahlen und damit der UN-Kontrolle zu entziehen.

 

Bei den Landtagswahlen im österreichischen Burgenland erlitten die in Wien regierenden Parteien FPÖ und ÖVP Verluste. Stärkste Partei bleibt die SPÖ mit 46,6 % und 17 Mandaten, die wohl auch weiterhin den Landeshauptmann stellen wird. Die ÖVP fiel auf 35,4 % und 13 Abgeordnete zurück, die FPÖ verlor ebenfalls und erhielt 12,6 % und 4 Abgeordnete. Mit 5,5 % und 2 Sitzen sind die Grünen erstmals im burgenländischen Landtag vertreten und werden eine sozialdemokratische Minderheitsregierung tolerieren. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,3 %.

 

In der entmilitarisierten Zone entlang der Verwaltungsgrenze zwischen dem Kosovo und Serbien kam es zu erneuten Feuerüberfällen der albanischen Guerrilla UCPMB auf jugoslawische Polizeieinheiten. Belgrad forderte eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates und drohte, bei einem Nichteinschreiten der NATO werde man die Vertreibung der albanischen Partisanen in eigene Hände nehmen. Während KFOR auf internationalen Druck albanischen Männern im wehrfähigen Alter das Überschreiten der serbischen Grenze untersagt hat, kursieren Gerüchte, daß die jugoslawische Armee und die gefürchtete serbische Sonderpolizei zum Jahresende eine Offensive vorbereiten. In Belgrad zeigen sich bereits Spannungen innerhalb des Regierungslagers, da Staatspräsident Kostunica im Gegensatz zu seinem Stabschef Zoran Djindjic eine defensive Haltung einnimmt. Amerikanische KFOR-Soldaten nahmen unterdessen den ranghohen UCPMB-Kommandeur "Haxhiu" in Gewahrsam. Als Nachfolger des scheidenden UN-Verwalters Bernard Kouchner aus Frankreich ist der bisherige dänische Verteidigungsminister Hans Häkkerup im Gespräch.

 

Als Urheber des bislang "den Nazis" angelasteten Brandanschlages auf die Düsseldorfer Synagoge vom 2. Oktober wurden ein staatenloser Jordanier und ein 20jähriger Deutsch-Marokkaner verhaftet. Bekanntlich ging von diesem Anschlag Schröders "Aufstand der Anständigen" aus. Als Motiv gaben die Täter die israelischen Gewaltexzesse im Gazastreifen an. Die beiden Araber beteiligten sich auch an den Ausschreitungen vor der Essener Synagoge. Bei den Tatverdächtigen will die Polizei antisemitisches Propagandamaterial sowie ein Porträt Adolf Hitlers sichergestellt haben. Michael Szentei-Heise als Direktor der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf sprach sich vehement dagegen aus, daß die Angeklagten Streitigkeiten aus dem Gazastreifen in die BRD importieren würden. Auch der Anschlag auf die Berliner Synagoge vom 6. Oktober scheint von einem in Kreuzberg lebenden Araber begangen worden zu sein. Generalbundesanwalt Nehm erklärte, die Düsseldorfer Tat habe sowohl einen antisemitischen und rassistischen wie auch einen rechtsextremen Hintergrund. Die in Kriminalisierung geübte GBA scheint sich also darauf vorzubereiten, den gerechtfertigten Widerstand der Palästinenser gegen den zionistischen Faschismus als "rechtsextrem" abzutun.

 

Heiner Wegesin, Präsident des brandenburgischen Verfassungsschutzes, warnte im ZDF-Magazin "Kennzeichen D" vor einer "Zunahme der extremistischen Bedrohung durch die Zusammenarbeit von Neonazis mit islamistischen Gruppen". Angesichts der antizionistischen Berührungspunkte könnten diese sich zum gemeinsamen Kampf gegen die "jüdische Weltverschwörung" zusammenfinden. Bekannte Islamisten würden bereits auf Veranstaltungen von Rechtsextremisten auftreten. In die gleiche Kerbe schlug Zentralratsvorsitzender Spiegel: "Ich fürchte die Bündelung von Rechtsextremen in Deutschland mit Fanatikern aus dem Nahen Osten." Auch der unsägliche Michel Friedman warnte vor einer "Zusammenarbeit zwischen deutschen Rechtsradikalen und arabischen Terroristen". Der Hamburger VS erklärte derartige Vermutungen angesichts der rassistischen Ausrichtung der deutschen Rechten für unwahrscheinlich. Dem pflichtete auch das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln bei.

 

Der Auftakt zum EU-Gipfel in Nizza wurde - wie erfreulicherweise bei Veranstaltungen des Globalisierungskapitalismus üblich - von schweren Ausschreitungen begleitet. Tausende von militanten Demonstranten attackierten die Sicherheitskräfte mit Pflastersteinen, Flaschen, Baseballschlägern und Eisenstangen. Die militanten Globalisierungsgegner setzten sich zumeist aus italienischen und französischen Anarchisten und Kommunisten sowie aus korsischen und baskischen Linksnationalisten zusammen. Eine Einheit ETA-Sympathisanten zündete gar einen mitgebrachten Sprengsatz. Wohlorganisierte Kommandos setzten eine Filiale der Banque Nationale de Paris und das Büro eines Immobilienhais in Brand und schlugen gezielt Scheiben bestimmter Geschäfte ein. Die Feuerwehr konnte nur unter Polizeischutz Löscharbeiten vornehmen. Ein Sturmangriff auf das festungsartig gesicherte Tagungszentrum Acropolis scheiterte. Die französische Polizei mußte Tränengas einsetzen, etwa 20 Beamte wurden verletzt. Der Tränengaseinsatz nahm ein derartiges Ausmaß ein, daß Teile der Gases in das Klimasystem der Acropolis einströmten und den französischen Regierungsspitzen einige Schwierigkeiten bereiteten.

 

Das Daviscupfinale in Barcelona wurde von Drohungen der baskischen Befreiungsorganisation ETA überschattet. Mehr als 800 Polizisten sicherten den restlos ausverkauften Palau Sant Jordi in der katalanischen Metropole ab. Alle 16.000 Zuschauer mußten sich umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen unterziehen.

 

In Nordirland eskalierten die Spannungen zwischen den verfeindeten Bevölkerungsgruppen erneut. Nach einem Aufmarsch von 3000 Orangisten zur Erinnerung an die Belagerung von 1688 kam es in Derry zu schweren Zusammenstößen zwischen aufgebrachten Katholiken und RUC-Spezialeinheiten. In Larne/Antrim stieß die Loyalist Volunteer Force LVF wüste Drohungen gegen die katholische Bevölkerung (30 % Anteil) aus, die mit Brandanschlägen untermauert wurden. Die Loyalisten drohten damit, Männer, Frauen und Kinder wahllos zu erschießen, wenn die Katholiken bestimmte Stadtviertel nicht verlassen würden. Seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 gab es in Larne 150 antikatholische Zwischenfälle - allerdings wurden hier in den Jahren 1999 und 2000 auch 50 protestantische Familien aus katholischen Wohnvierteln vertrieben.

 

In Belfast wurde der protestantische Taxifahrer Trevor Kell erschossen. Die Tatwaffe stammt eindeutig aus dem Besitz der IRA - mit ihr wurden bereits 1997 zwei RUC-Polizisten getötet. IRA, Real IRA, Continuity IRA und INLA wiesen jede Verantwortung strikt von sich, aber die Erklärungen von Sinn Féin fielen wieder einmal verdächtig dünn aus. Die der INLA nahestehende Irish Republican Socialist Party und andere radikale Republikaner prangerten die IRA als Täterin an. Nach Ansicht der Sicherheitskreise ist die CIRA verantwortlich und verübte die Tat mit Zustimmung des IRA-Befehlshabers in North Belfast. Auf der anderen Seite haben sich die Provisionals anläßlich des bevorstehenden Besuches von Bill Clinton noch einmal eindeutig zum Waffenstillstand und zum Friedensprozeß bekannt. Die loyalistischen Organisationen Ulster Volunteer Force, Red Hand Commando und Ulster Defence Association erklärten, der Mord stehe nicht im Zusammenhang mit ihrer blutigen Fehde. Kell galt als Sympathisant der Loyalisten, und das Taxiunternehmen ist für die Beschäftigung protestantischer Paramilitärs bekannt. Einer anderen Theorie zufolge wurde der Mord an Kell von UDA-Extremisten verübt, die das Zustandekommen eines Waffenstillstandes mit der UVF verhindern wollen, möglicherweise aber auch irrtümlich von einem UVF-Kommando. Kurz nach der Mordtat schlugen UDA-Todesschwadronen zurück, indem sie den Katholiken Gary Moore erschossen und den katholischen Taxifahrer Paul Sculllion lebensgefährlich verletzten.

 

UVF, UDA und Red Hand Commando ließen unterdessen verlauten, daß die Waffenstillstandsverhandlungen zur Beendigung ihrer Fehde kurz vor einem Abschluß stehen. Aus Sicherheitskreisen wurde die Befürchtung laut, daß mit dem Waffenstillstand ein gemeinsames Vorgehen der beiden größten protestantischen Untergrundorganisationen UVF und UDA gegen radikale Republikaner und die rivalisierende Loyalist Volunteer Force möglich werde. Insbesondere die UVF-Einheiten in Belfast scheinen derzeit sehr auf eine Abrechnung mit der LVF erpicht zu sein.

 

Sehr zum Unwillen der loyalistischen Führungen scheint die Freilassung des im August erneut inhaftierten Johnny Adair bevorzustehen. Adair, Führer der Hardliner innerhalb der UDA und Hauptverantwortlicher für den blutigen Schlagabtausch mit der UVF, hatte bereits eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angekündigt, als sich die Sentence Review Commission für seine Freilassung aussprach. Nordirlandminister Mandelson und die Sicherheitsorgane reagierten überaus verärgert und kündigten Widerspruch an.

 

Friedensnobelpreisträger John Hume, Parteivorsitzender der gemäßigt nationalistischen SDLP, legte sein Mandat im nordirischen Stromont-Parlament nieder. Als Gründe wurden gesundheitliche Probleme und Arbeitsüberlastung genannt - Hume ist auch Abgeordneter im britischen Unterhaus und im Europaparlament. Der SDLP-Chef war seit 1993 maßgeblich am Friedensprozeß in Nordirland beteiligt und vermittelte die entsprechenden Kontakte zwischen der britischen Regierung und IRA/Sinn Féin.

 

In Berlin wurde eine Tagung über die Thesen des fast in Vergessenheit geratenen Politikwissenschaftlers und Juristen Franz Neumann abgehalten. Dieser gelangte bereits 1942 in seinem Buch "Behemoth" zu der Erkenntnis, daß es sich beim Dritten Reich keinesfalls um einen Staat handele. Ein Staat sei definiert über die Herrschaft des Gesetzes oder zumindest durch einen rational betriebenen Zwangsapparat mit Machtmonopol wie im faschistischen Italien. In Deutschland gebe es weder das eine noch das andere - nicht einen Staat, sondern eine stillschweigende Übereinkunft zahlreicher rivalisierender Gruppen in Partei, Staat, Militär, Gesellschaft und Wirtschaft. Interessanterweise enthalten Neumanns Arbeiten über den Zusammenhang von Kapitalismus und Recht bereits wichtige Hinweise zum aktuellen Phänomen der Globalisierung. Diese äußert sich nach Wilhelm Scheuermann von der University of Minnesota ebenfalls in einer Deformalisierung des Rechts. Nicht mehr demokratisch legitimierte allgemeine Normen und transparente Institutionen regeln das Wirtschaftsleben, sondern Schiedsgerichtsbarkeit hinter verschlossenen Türen, also den Grundstrukturen des Dritten Reiches vergleichbare Mechanismen. Das gelte als den Ansprüchen der modernen Wirtschaft gemäßer. Interesse an der Deformalisierung habe jeweils der wirtschaftlich Mächtige, was die Fragwürdigkeit solcher Praxis ausmache. Der Kapitalismus benötigt kein rationales Rechtssystem, um existieren zu können, sondern schafft das formale Recht im Gegenteil ab.

 

In Bremen fand am Nikolaustag ein sogenannter Jugendstreiktag statt. Der berechtigte Protest der Schuljugend gegen die von der SPD-CDU-Landesregierung angeordneten Sparmaßnahmen im Jugendetat wurde von einem stark linkslastigen Bündnis organisiert: Als Sprecher des Bündnisses "Widerstand jetzt! Bremer Jugend gegen Zersparpolitik" fungieren Tobias Helfst von der PDS und Ianka Pigors von der Sozialistischen Alternative Vorwärts SAV. Mit von der Partei waren die DGB-Jugend, der Bund deutscher Pfadfiner, die traditionell von Linksextremisten kontrollierte Gesamtschülervertretung GSV sowie der AStA der Uni Bremen. Bezeichnenderweise wurde im Anschluß versucht, Nachwuchsrekrutierung durch eine Veranstaltung der linksmilitanten Naturfreundejugend im sattsam bekannten Naturfreundehaus Buchtstraße zu betreiben.

 

In Bochum besetzte eine Gruppe von Linksextremisten die seit mehr als einem Jahr leerstehende Feuerwache in der Vierhausstraße. Ziel war die Einrichtung eines "selbstverwalteten antirassistischen Zentrums", aber bitteschön mit vom Staat gezahlten Wasser-, Gas- und Stromrechnungen. An einer rasch anberaumten "Eröffnungsfeier" nahmen rund 300 Personen teil, und 30 Gruppen und Initiativen meldeten in der Vierhausstraße Raumbedarf an - die Feuerwache sollte zum linksextremen Logistikzentrum ausgebaut werden. Bei Teilen der SPD-Stadtratsfraktion, den Grünen und der Stadtverwaltung war ein gewisses Entgegenkommen erkennbar, aber schlußendlich räumte eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei auf Anordnung des Bochumer OB die Feuerwache. Eine Protestkundgebung von 200 Personen führte im Anschluß zu Zusammenstößen mit der Polizei. In Kamp-Lintfort läuft ebenfalls eine Kampagne für ein autonomes Jugendzentrum. Wie üblich fordert man Selbstverwaltung, aber Geld und Räumlichkeiten möge die Stadt zur Verfügung stellen. Das Motto lautet: "Für eine unabhängige antifaschistische Jugendkultur!"

 

Über eine Mailadresse der ehrwürdigen "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ([email protected]) erreichte uns eine Mailbombe, bzw. erfolgte der Versuch, eine solche zu versenden. Den überaus geistvollen Inhalt dieser eindrucksvollen Manifestation der "unabhängigen antifaschistischen Jugendkultur" im Sinne humanistisch-libertärer Lebensart dokumentieren wir nachstehend. Wir können nur wiederholen, was wir einem nicht ganz so primitiven Gesinnungs-Genossen des Absenders unlängst mitteilten: Wenn DAS die authentische Linke ist, dann gute Nacht, Marie!

"DU DRECKIGER KLEINER HURENSOHN ... DEINE MUTTER HAT
RUMGEHURT DU MÖCHTEGERN DEUTSCHES SCHWEIN DU !!
FICK DEINE SCHWESTER UND SIEHE WAS DU ERNTEST...DEINE FRESSE
KLEINER MÖCHTEGERNMENSCH !!!!!
DU SOHN EINES AFFEN !!!!! DICH SOLLTE MAN ALS ERSTES VERGASEN
DICH UND DEINE DRECKSBRUT !!!!!!!"

 

 

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