Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 26. August bis 1. September 2000

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

NPD-Verbot nach Vereinsrecht?

Schröder Weltstaatsmann des Jahres

BKA und IT-Firmen kooperieren gegen "Nazis"

Jugoslawien klagt NATO-Kriegsverbrecher an
Mohammed al-Fayed verklagt US-Regierung Kinderarbeit für McDonald´s
Gewerkschaftlicher Organisationsgrad rückläufig Gaddhafi befreit westliche Geiseln auf Jolo

Grüne LV geht zur SPD

Prag bereitet sich auf Weltfinanzgipfel vor
Exzesse im Kosovo Vural Öger in Einwanderungskommission berufen
Genetischer Fingerabdruck in Großbritannien USA verletzen Arbeitnehmerrechte massiv
Antisemitische Welle in den USA Chevènement tritt zurück
ETA liquidiert konservativen Stadtrat US-Schikanen gegen Kuba dauern an
PDS nutzt öffentlichen Linksruck aus Deutsche Bank spekuliert gegen Philippinen
USA testen THEL-Laser Jugendarmut in Berlin
Finkelsteins "The Holocaust Industry" Atompolitische Opposition bei den Grünen
Polnischer EU-Gegner Lepper verhaftet BRD-Justiz verweigert Leuna-Ermittlungen
US-Intervention in Kolumbien PKK-Verfolgung in BRD hält an
Lateinamerikanische Staaten kritisieren USA Schießereien zwischen Loyalisten

 

Zitat der Woche:
"Es gibt ein Bürgertum, das sich revolutionär, ideell, religiös verbrämt, ohne irgendwie seine Struktur zu ändern, will sagen, ohne irgendwie aus der Sphäre der Bürgerlichkeit herauszutreten. So ist es jedesmal ein besonderes Vergnügen, den Bürger über seinesgleichen entrüstet zu sehen: Philister, der pathetisch das Zeichen zum Angriff auf das Philistertum gibt."
- Hans Jürgen Baden

Die Innenministerien von Bund und Ländern überprüfen jetzt ein Verbot der NPD nach Vereinsrecht. In diesem Falle wäre das Bundesverfassungsgericht nicht zuständig, und Bundesinnenminister Schily bräuchte nur eine Verfügung zum Verbot der National-Demokraten zu unterzeichnen. SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz verwies auf die diffuse Organisationsstruktur, die eher einem Integrationszentrum für Skinheads oder einem Sammelbecken rechter Subkultur als einer Parteiorganisation gleiche. In die gleiche Kerbe schlägt der bayerische Verfassungsschutz, welcher der NPD völlige parteipolitische Bedeutungslosigkeit attestiert. Mit dieser Methode wurden Anfang der 90er Jahre NF und FAP verboten.

 

Das BKA stellte der Bertelsmann-Stiftung seine Negativliste von 300 rechtsgerichteten Homepages zur Verfügung. Bertelsmann (Compuserve, AOL) plant, mit Hilfe eines neuen Filtersystems die besagten Heimatseiten für Jugendliche per Elternentscheid auszublenden. Die BKA-Liste soll in das Filtersystem der 1999 von Bertelsmann und anderen Providern gegründeten Organisation Internet Content Rating Association ICRA integriert werden, der auch IBM, T-Online und Microsoft angehören. In Nordrhein-Westfalen drohen allen im Bundesland angesiedelten Providern nunmehr Geldstrafen von bis zu 500.000 DM, sofern sie trotz Aufforderung durch das Düsseldorfer Regierungspräsidium ihre Online-Dienste nicht für rechtsextreme Angebote sperren. Regierungspräsident Büssow will den Providern ebenfalls zu Leibe rücken, wenn sie ihren Kunden nicht den Zugang zu inkriminierten ausländischen Homepages verwehren.

 

Mohammed al Fayed, millionenschwerer Waffenschieber, Kaufhauskönig und unerwünschte Person in Großbritannien, hat die US-Regierung anhand des Freedom of Information Act auf Herausgabe der CIA-Unterlagen zum Tod Lady Dianas verklagt. Fayed erklärte, der Tod seines Sohnes und der Prinzessin sei kein Unfall gewesen. Die US-Regierung und die CIA treffe jedoch keine Schuld - der Ägypter zielt anscheinend auf MI-6 ab. Ob der Attentatsgrund wirklich die Verhinderung der Heirat ist, sei dahingestellt. Uns erscheinen die dubiosen Verwicklungen der Fayed-Sippe als ein wahrscheinlicherer Hintergrund des Anschlages. Eine aktuelle Affäre zeigt, daß der britische Auslandsnachrichtendienst MI-6 noch immer nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel ist. Kürzlich stellte sich der ehemalige Geheimagent David Shayler nach 3jährigem Exil in Frankreich den britischen Behörden. Shayler wird nun wegen Landesverrates der Prozeß gemacht, da er 1997 der Öffentlichkeit eine Operation von MI-6 zur Ermordung des libyschen Revolutionsführers Muammar al Gaddhafi bekanntmachte. Zwei MI-6-Agenten hatten damals einen Funktionär des libyschen Militärgeheimdienstes umgedreht, scheiterten aber mit dem Versuch, über diesen Doppelagenten ein Mordkomplott in Tripolis zu inszenieren. Nebenbei eröffnete Shayler damals auch, daß die Nachrichtendienste im Auftrag der konservativen Regierung den heutigen Nordirlandminister Peter Mandelson und seinen Kollegen im Innenressort, Jack Straw, überwachten.

 

Nach einem Bericht des DGB-Magazins "Einblick" ist mit 25,1 % nur noch jeder vierte bundesdeutsche Arbeitnehmer in der Einheitsgewerkschaft organisiert (1990 = 31,2 %). Ende 1999 zählten die DGB-Teilgewerkschaften noch 522.000 jugendliche Mitglieder, wobei hier unter "jugendlich" ein Alter von bis zu 30 Jahren zu verstehen ist.  Der Anteil dieser "Jugendlichen" ist im Jahresverlauf um 8,5 % gefallen. Insgesamt fiel die Mitgliederzahl des DGB um 3,3 % auf knapp über 8 Millionen. Nur noch 6,5 % der Jungarbeitnehmer gehören einer DGB-Gewerkschaft an. Der wahre Organisationsgrad dürfte noch deutlich niedriger liegen, da nicht nur aktiv Beschäftigte, sondern auch Rentner, Arbeitslose und Studenten weiterhin als Gewerkschaftsmitglieder gezählt werden.

 

Anne Voß, die ehemalige Landesvorsitzende der thüringischen Grünen, hat ihrer Partei den Rücken gekehrt und sich der SPD angeschlossen. Die 1996 von den Sozialdemokraten zu den Bündnisgrünen gekommene Voß begründet ihren Schritt mit der desolaten Politik des amtierenden Landesvorstandes.

 

In Skulanovo südlich der Kosovo-Hauptstadt Pristina raste ein albanischer Terrorist mit seinem Pkw in eine Gruppe spielender serbischer Kinder. Hierbei fand ein achtjähriger Junge den Tod, weitere vier Spielkameraden wurden verletzt. Als sich der Volkszorn gegen die KFOR-Soldaten vor Ort richtete, zog die Besatzungstruppe ab. Kurz danach richteten in Crkvena Vocica albanische Terroristen einen 80jährigen Serben per Kopfschuß hin. Wenige Tage zuvor kam es bei Pristina zu Feuergefechten zwischen albanischen Banden und arabischen KFOR-Soldaten, bei denen zwei Albaner erschossen wurden. Die Albaner revanchierten sich, indem sie das Hauptquartier der aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kommenden Soldaten mit Gewehrgranaten beschossen. Nach diesen Vorfällen richtete KFOR mobile Kontrollpunkte ein und verstärkte den Patrouillendienst. Die Besatzungstruppe erklärte sich angesichts der prekären Sicherheitslage jedoch für außerstande, ein in Gracanica anstehendes Treffen von Bundesaußenminister Fischer mit serbischen Vertretern zu schützen. Die Begegnung wurde abgesagt. Mittlerweile wurde bekannt, daß norwegische KFOR-Soldaten im April in Kosovo Polje einen serbischen Zivilgefangenen stundenlang mit verbundenen Augen nackt an einen Zaun ketteten. In der Schweiz wurden beim Versuch, Waffen im Wert von umgerechnet 5,7 Millionen DM ins Kosovo zu schmuggeln, ein Albaner und ein Franzose verhaftet. Ein albanischer Richter hat 10 wegen Mordes und Schmuggels inhaftierte ex-UCK-Kämpfer wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Freigelassenen hatten Waffen über die mazedonische Grenze geschmuggelt und Konkurrenten kurzerhand erschossen. Die UN-Mission im Kosovo UNMIK schließt eine Teilnahme der Unruheprovinz an den jugoslawischen Wahlen im September nicht mehr aus. Obwohl die UN-Resolution 1244 das Kosovo als integralen Bestandteil der Bundesrepublik Jugoslawien betrachtet, lehnen die USA die Abhaltung jugoslawischer Wahlen ab. Das Kosmet-Regiment der jugoslawischen Armee bereitet sich derweil darauf vor, wieder ins Kosovo zurückzukehren.

 

Die britische Regierung bereitet die Einführung des genetischen Fingerabdruckes für alle Straftäter vor. Zu diesem Zweck soll die Polizei bis 2004 umgerechnet 350 Millionen DM erhalten, um die Datenbanken zu vervollständigen.

 

Mit der Entscheidung, einen orthodoxen Juden zum designierten Vizepräsidenten zu erwählen, machte der demokratische Präsidentschaftskandidat Al Gore sich innerhalb der eigenen Partei nicht nur Freunde. Die ohnehin über Gores Nähe zu Gewerkschaften und rassischen Minderheiten irritierten Südstaaten-Demokraten gehen mittlerweile deutlich auf Distanz. Mike Easly, Gouverneurskandidat in North Carolina, und Zell Miller, Aspirant auf den Senatsposten für Georgia, vermeiden jeden gemeinsamen Auftritt mit Gore und boykottierten den Parteikongreß in Los Angeles. Der Gouverneur von South Carolina, Jim Hodges, verließ den Parteitag wutentbrannt und erklärte, Bush werde mit 99 % Wahrscheinlichkeit in seinem Staat gewinnen. Die Antwort auf die Nominierung Joseph Liebermans bestand u.a. in antisemitischen Schmierereien und in Schändungen jüdischer Friedhöfe. Alleine in den Chatrooms bei AOL, Yahoo und CNN gingen binnen 24 Stunden 10.000 antisemitische Stellungnahmen ein. Umfragen zufolge ist es für 8 % der Wahlberechtigten undenkbar, einen Juden ins Weiße Haus zu wählen. In der amtierenden Regierung Clinton befinden sich mit Verteidigungsminister William Cohen, Außenministerin Madeleine Albright, CIA-Chef George Tenet, Sicherheitsberater Samuel Berger und Landwirtschaftsminister Dan Glickman fünf Juden.

 

In Zumarraga bei San Sebastián fiel der konservative Stadtrat Manuel Indiano Azaustre einem Kommando der baskischen Befreiungsbewegung ETA zum Opfer. Bereits am Vortag warnte die ETA-nahe Partei Herri Batasuna, man solle nicht leichtfertig Hoffnungen auf einen neuen Waffenstillstand der Separatisten wecken. Der Widerruf der letzten Waffenruhe Ende 1999 wurde bekanntermaßen durch die Inhaftierung einer ETA-Unterhändlerin auf Geheiß des spanischen Innenministeriums in Frankreich provoziert. Der spanische Geheimdienst verkündete etwas voreilig, ETA sei nicht mehr lange imstande, ihren Terrorfeldzug mit der gegenwärtigen Stärke fortzusetzen. Er beziffert den harten Kern der ETA auf 30 Aktivisten, denen 100 Sympathisanten zur Seite stehen, was angesichts der bürgerkriegsähnlichen Lage im Baskenland geradezu absurd erscheint. Derweil verhaftete die französische Polizei zwei ETA-Aktivisten in Bayonne. Die gemäßigt nationalistische PNV nimmt nach wie vor eine unentschlossene Haltung ein und laviert zwischen den zentralistischen Parteien und den Separatisten von HB hin und her. Mittlerweile fordern nach Umfragen 94 % der Basken die ETA und den spanischen Innenminister Jaime Mayor Oreja, übrigens selbst baskischer Herkunft, zu Verhandlungen auf.

 

Innerhalb der PDS macht man sich daran, den durch die mediengeschürte Hysterie ausgelösten "Linksruck" in der Öffentlichkeit auszunutzen. Roland Claus, der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, sieht die Möglichkeit einer verbesserten Zusammenarbeit mit Grünen, SPD und FDP herannahen. Die SPD lasse sich das Ausmaß ihrer Kooperation mit der PDS nicht mehr von der CDU vorschreiben. Laut Claus steht die PDS vor der Herausforderung, den von der SPD verlassenen Sektor linker und sozialistischer Politik abzudecken. Hierfür sei allerdings eine programmatische Weiterentwicklung der Partei Grundvoraussetzung, In die gleiche Richtung geht ein Vorstoß der Berliner Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen, Sibyll Klotz. Klotz spekuliert offen auf eine Regenbogenkoalition im Berliner Landtag - PDS, Grüne und SPD sollen gemeinsam den ungeliebten Regierenden Bürgermeister Diepgen stürzen. Dieser hat unterdessen die PDS zum Ende September angesetzten Runden Tisch gegen Rechtsextremismus eingeladen.

 

In New Mexico gelang es den Amerikanern, mit einem Taktischen Hochenergie-Laser (THEL) zwei gleichzeitig anfliegende Angriffsraketen abzuschießen. Das amerikanisch-israelische Gemeinschaftsprojekt THEL soll die Nordgrenze Israels gegen Angriffe aus dem Libanon schützen.

 

Der jüdische US-Professor Norman G. Finkelstein veröffentlichte unlängst sein Buch "The Holocaust Industry", in welchem massiv mit den Holocaustgewinnlern in Jewish Claims Conference und Jüdischem Weltkongreß abgerechnet wird. Der durch seine vernichtende Kritik an Daniel Jonah Goldhagen bekanntgewordene Finkelstein wagt es, den Vietnamkrieg, die Ausrottung der Indianer oder die Sklaverei in den USA auf eine Stufe mit dem Massenmord an Juden während des Zweiten Weltkrieges zu stellen. Ferner thematisiert Finkelstein die Bereicherung von Juristen und Beratern, die Zweckentfremdung von Entschädigungszahlungen und nicht zuletzt deren Zurückhaltung durch die JCC. Das Buch erschien keinesfalls in einem obskuren "Revisionisten"-Verlag, sondern beim linken Verso-Verlag. Im Gegensatz zur Demagogie in der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichte die "Berliner Zeitung" einen verdienstvollen Artikel über den Umgang mit Finkelsteins Buch in den USA selbst. Die Veröffentlichung wird systematisch totgeschwiegen, lediglich massive Angriffe durch den für eine Besprechung nicht qualifizierten - mit seiner Arbeit über die Militärpsychologie der Wehrmacht an dieser Stelle aber ausdrücklich empfohlenen - Militärexperten Omer Bartov sind zu vermerken. Auch die weitgehend positive Aufnahme in den britischen Medien ändert nichts am Boykott in den USA. Hierzu Noam Chomsky: "Wenn das Buch nicht die außerordentliche Aufnahme in England gefunden hätte, wäre es in den USA wahrscheinlich überhaupt nicht erwähnt worden. Nachdem diese Strategie nun nicht mehr funktionieren konnte, gab es eine backup procedure , einen Reserveplan. Hierbei spielte die 'Times' die Rolle des Türstehers, indem sie das Buch zwar rezensierte, aber so, dass Bibliotheken signalisiert wurde, es nicht zu kaufen, und der übrigen Presse, es zu ignorieren." Zu allem Überfluß weist Finkelstein auch noch darauf hin, daß US-Banken Vermögenswerte von Holocaust-Opfern in Milliardenhöhe einsackten und bisher nicht einen Cent ausgezahlt haben - die USA würden ihre moralische Überlegenheit gegenüber den Europäern verlieren. Wir merken ferner an, daß Disney, CBS, die "New York Times" oder die "Washington Post" jüdische Chefredakteure oder jüdische Geschäftsführer haben. In der BRD hat sich Salomon Korn, Präsidiumsmitglied des Zentralrates der Juden, gegen die vom Piper-Verlag angekündigte deutsche Ausgabe des Finkelstein-Buches ausgesprochen. Wenn es dem Piper-Verlag um wirkliche Aufklärung gehe, dürfe er das Buch nicht veröffentlichen.

 

Der polnische EU-Gegner, Bauernführer und Präsidentschaftskandidat Andrzej Lepper wurde wegen illegaler Grenzblockaden von einem Polizeikommando verhaftet. Die Zentrale Wahlkommission beeilte sich mit der Mitteilung, Lepper könne jedoch aus der Haft heraus weiterhin kandidieren. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln wegen Verleumdung der höchsten Staatsorgane gegen den Bauernführer. Andrzej Lepper wurde nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt, da das Bezirksgericht Gorzow den 30-Tage-Arrest aussetzte.

 

Um dem Besuch des US-Präsidenten Bill Clinton in Kolumbien würdig zu begegnen, starteten die linksgerichteten Partisanen von der FARC eine Großoffensive gegen die Regierungstruppen. Washington stellt Kolumbien 1,3 Milliarden Dollar zur Verfügung, um die seit Jahrzehnten in Menschenrechtsverletzungen verstrickte Soldateska von Polizei und Militär für den Kampf gegen linke Partisanen und Drogenbarone aufzurüsten. Beispielsweise ist der Kauf von 60 Kampfhubschraubern sowie von schwerer Artillerie vorgesehen. Schon vor dem Plan Colombia war Kolumbien nach Israel und Ägypten der drittgrößte Empfänger von US-Militärhilfe. 800 Militärberater der US Army sollen nun kolumbianische Regierungstruppen ausbilden. In den USA wird bereits davor gewarnt, der insgesamt auf 7,5 Milliarden Dollar (Militärhilfe und soziale Ausgleichsmaßnahmen) angelegte Plan könne zu einem zweiten Vietnam führen. Zahllose Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen haben sich bisher geweigert, Geld aus dem Plan Colombia anzunehmen, um nicht in die Eskalation verstrickt zu werden. Die seit 40 Jahren für ein sozialistisches Kolumbien kämpfende FARC sieht im Clinton-Besuch den Beginn einer US-Intervention, für welche die Drogenbekämpfung nur den Vorwand darstelle. In Cartagena wurde eine nahe der Fahrtroute Clintons gelegte 2-Kilo-Bombe entschärft. Der Präsident ließ sich von 10.000 Mann Militär und Polizei schützen, während im ganzen Land heftige Gefechte aufflammten. In Bogotá kam es bei antiamerikanischen Demos zu schweren Zusammenstößen, und FARC-Aktivisten sprengten in der Hauptstadt drei Bankfilialen in die Luft. Der Plan kann mit Fug und Recht als das Ende der seit einigen Jahren auf der Stelle tretenden Friedensverhandlungen betrachtet werden. Ecuador, Pánama, Venezuela, Brasilien und Peru haben bereits ihre Truppen an der kolumbianischen Grenze verstärkt, um ein Übergreifen der Kämpfe zu verhindern. Allgemein wird befürchtet, daß FARC-Einheiten sich über die Grenze in neue Operationsgebiete zurückziehen könnten, ferner erwartet man eine Verlagerung des Drogenanbaus in andere Länder. Die lateinamerikanische Öffentlichkeit lehnt die US-Intervention einhellig ab, und die brasilianische Regierung bezeichnet die Vorstellung, die Amerikaner würden sich auf reine Drogenbekämpfung beschränken, als absurd. Die EU wird 2,5 Milliarden Dollar Zivilhilfe beisteuern, um anschließend die von Militärberatern und Regierungstruppen hinterlassenen Wunden zu kurieren.

 

In der brasilianischen Hauptstadt Brasilia trafen erstmals 12 Staatschefs des südamerikanischen Kontinents zu einer Konferenz zusammen, um künftig enger bei der Lösung der politischen und wirtschaftlichen Probleme zusammenzuarbeiten. Das Treffen geht auf eine Initiative des brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso zurück. Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana versicherte seinen beunruhigten Amtskollegen, er werde keine direkte Militärintervention der USA dulden. Vor allem der venezolanische Präsident Hugo Chavez, mit der FARC sympathisierend und mit Fidel Castro befreundet, zeigte sich überaus beunruhigt von den Vorgängen in Kolumbien und malte eine Vietnamisierung des Kontinents an die Wand. Die militärische Stärke Kolumbiens werde bald diejenige aller lateinamerikanischen Staaten zusammen übertreffen. Chavez schrieb der US-Regierung ins Stammbuch, sie sollte besser die sozialen Ursachen für die hohe Drogennachfrage in Nordamerika beseitigen als in Lateinamerika zu intervenieren. Cardoso forderte die Einrichtung einer Freihandelszone zwischen den Handelsbündnissen Mercosur und Andenpakt bis spätestens 01.01.2002. Das Ergebnis wäre ein Wirtschaftsblock mit 337 Millionen Einwohnern und einem BSP von 1,5 Billionen Dollar, der auch geschlossen den G-7 gegenübertreten wird.

 

Bundeskanzler Gerhard Schröder erhält den Weltstaatsmann-Preis der New Yorker Appeal of Conscience Foundation, was in etwa Gewissens-Stiftung bedeutet. Die 1965 gegründete Stiftung setzt sich für Religionsfreiheit und Menschenrechte in Lateinamerika und im ehemals sozialistischen Machtbereich ein, stellt also im Klartext ein propagandistisches Instrument der CIA dar. Präsident und Gründer der Stiftung ist Rabbi Arthur Schneier, der den Preis am 07.09. gemeinsam mit Henry Kissinger überreichen wird. Ehrenvorsitzender der Veranstaltung wird Bill Clinton sein, dem die früheren Präsidenten George Bush, Jimmy Carter und Gerald Ford zur Seite stehen. Schröder wird für seine Verdienste um die Einigung Europas in Demokratie und Menschenwürde ausgezeichnet.

 

Für die Ermordung von 500 serbischen Zivilisten durch NATO-Luftstreitkräfte während des Kosovo-Krieges hat ein Kriegsverbrechertribunal in der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad Anklage wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben. Zu den Angeklagten gehören u.a. Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Rudolf Scharping, Bill Clinton, Madeleine Albright, Tony Blair, Jacques Chirac, Javier Solana und General Wesley Clark. Den Verantwortlichen für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg drohen 15 bis 20 Jahre Haft. Zuvor erklärten sich der Internationale Gerichtshof in Den Haag und das Haager Kriegsverbrechertribunal für nicht zuständig.

 

Menschenrechtler aus Hongkong werfen der Schnellimbißkette McDonald´s vor, in der Volksrepublik China Spielsachen durch Kinderarbeit herstellen zu lassen. In einer KZ-ähnlichen Fabrik nahe der Sonderwirtschaftszone Shenzhen schuften Kinder unter 16 Jahren 15 Stunden am Tag bei einer Siebentagewoche für die lustigen, bunten Spielzeuggeschenke, die in den McDonald´s-Filialen verteilt werden.

 

Die Intervention des libyschen Revolutionsführers Muhammar al Gaddhafi brachte zustande, was alle westliche Diplomatie nicht vollbrachte: Nach mehr als vier Monaten in der Gewalt muslimischer Rebellen im Süden der Philippinen beginnt die Freilassung der westlichen Geiseln. Zunächst kamen der Deutsche Werner Wallert, die Libanesin Marie-Michel Moarbes, die Französinnen Sonya Wendling und Maryse Burgot sowie das südafrikanische Ehepaar Strydom auf freien Fuß. Der an den Verhandlungen maßgeblich beteiligte Gaddhafi-Sohn Saif el Islam und sein Vater erwarten nun von der Bundesregierung Unterstützung im politischen und wirtschaftlichen Ausgleich mit den USA und Großbritannien. Die EU stellte Libyen bereits im April 1999 eine Vollmitgliedschaft im Dialog mit den Mittelmeerländern in Aussicht. Voraussetzungen hierfür sind jedoch die Aufhebung der UN-Sanktionen gegen Libyen und das Ende der libyschen Wirtschaftsblockade gegen Israel. Ein erstes Signal könnten die Dankesbotschaften Schröders und Fischers darstellen, aber Richard Boucher als Sprecher des US-Außenministeriums bekräftigte bereits die harte Linie Washingtons.

 

Ungeachtet umlaufender Gerüchte um eine Verlegung ins leichter zu schützende Berlin bereitet Prag sich auf die Jahrestagung von IWF und Weltbank Ende September vor. Die Schüler erhalten Sonderferien, damit sie die Verkehrsmittel nicht belasten, man verfrachtet die Rentner mit billigen Sonderausflügen auf das Land, und Geschäfte sollen "Provokantes" wie Zigaretten oder Schnaps aus den Auslagen entfernen. Prags Stadtverwaltung rechnet mit 30.000 Demonstranten und bürgerkriegsähnlichen Unruhen, denen der sozialdemokratische Innenminister Stanislav Gross durch den Einsatz von 11.000 Mann Polizei und 1600 Elitesoldaten begegnen will. Zum Vergleich: Selbst bei der IWF-Frühjahrstagung in Washington waren nur 5000 Polizisten im Einsatz.

 

Bundesinnenminister Otto Schily berief sehr zum Verdruß der Multikulti-Schwärmer den türkischen Unternehmer Vural Öger als 21. Mitglied in seine Einwanderungskommission. Bezeichnenderweise tritt Öger für eine wesentlich pragmatischere Lösung als die One world-Utopisten ein. Die in unseren Augen zweifellos notwendige Einwanderungsgesetzgebung soll sich am kanadischen Vorbild orientieren. Für bestimmte Zuwanderergruppen soll es Quoten geben, um den wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Bedarf der BRD zu decken. Eine darüber hinausgehende Einwanderung ist - wie in allen anderen Staaten dieses Planeten - unerwünscht. Die Probleme der Dritten Welt können laut Öger nicht in der Bundesrepublik gelöst werden, sondern nur vor Ort. Öger fordert eine Versachlichung der Diskussion um die Zuwanderungsfrage, da dieses wichtige Thema nicht von Parteien jeglicher couleur für Wahlkampfzwecke instrumentalisiert werden solle.

 

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat schwere Vorwürfe gegen die USA erhoben. In den Vereinigten Staaten werden die Arbeitnehmerrechte systematisch verletzt. Jedes Jahr werden Tausende entlassen, weil sie einer Gewerkschaft beitreten. Millionen von Arbeitnehmern sind von den Arbeitsschutzgesetzen ausgenommen, und die bestehenden Rechtsnormen werden von Unternehmerseite hemmungslos übergangen. Von Landarbeitern und Haushaltshilfen bis hin zu Schwerindustrie und IT-Branche haben Arbeitnehmerrechte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten keinen hohen Stellenwert. Washington setze im Rahmen internationaler Handelsgespräche andere Länder unter Druck, die Arbeitnehmerrechte anzuerkennen, sehe jedoch zu, wie diese in den USA mit Füßen getreten werden.

 

Der französische Innenminister Jean-Pierre Chevènement ist erwartungsgemäß aus Protest gegen das korsische Autonomiepaket zurückgetreten. Damit ist seine linksrepublikanische Bewegung Mouvement de Citoyens nicht mehr in der französischen Regierung vertreten. Mittlerweile formiert sich eine breite Front von den Gaullisten bis hin zu Chevènements Bürgerbewegung, um den französischen Zentralstaat gegen die partikularistischen Tendenzen der Regionen zu stärken.

 

Zweierlei Maß: Die USA verweigerten dem kubanischen Parlamentspräsidenten Ricardo Alarcón die Einreise zur Teilnahme an der Konferenz der Interparlamentarischen Union in New York. Die IPU reagierte verärgert auf die Maßnahme. Nach einer Verordnung Reagans von 1985 können die USA jeder Person die Einreise untersagen, wenn der Besuch den Interessen Washingtons widerspricht. Auf der anderen Seite passierte der chinesische Parlamentspräsident Li Peng, seinerzeit verantwortlich für das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, ungehindert alle Kontrollen.

 

Die philippinische Regierung kündigte an, eine Reihe aus- und inländischer Banken wegen krimineller Spekulation gegen die Landeswährung Peso zur Rechenschaft zu ziehen. Unter den auffällig gewordenen acht Kreditinstituten befindet sich auch die Deutsche Bank, die durch "illegales Verhalten" den Peso gegenüber dem US-Dollar destabilisierte.

 

Mit 92.200 Kindern und Jugendlichen ist in Berlin ein Sechstel dieser Bevölkerungsgruppe von Sozialhilfe abhängig. Im Jahr 1999 erhielten 16,1 % aller Berliner unter 18 Jahren Sozialhilfe (1995 12,8 %). Die meisten dieser Armengruppe leben in den westlichen Bezirken der Stadt, wo Neukölln die Speerspitze des Elends darstellt. Als Hauptgrund für die hohe Kinderarmut wird die in Berlin weiterhin bei 15,6 % liegende Arbeitslosigkeit genannt. Nach einer Untersuchung des UN-Kinderhilfswerkes UNICEF leben bundesweit 10 % aller Kinder in Armut.

 

Als innerparteiliche Widerstandsgruppe formierte sich bei den Bündnisgrünen die Atompolitische Opposition. Zu den Begründern gehören der energiepolitische Fachmann Hartwig Berger, die ehemalige Bundestagsabgeordnete Ursula Schönberger (einst atompolitische Sprecherin der Partei) und die niedersächsische Landesvorsitzende Heidi Tischmann. Auslöser der Gründung ist der von der Bundesregierung geplante Verkauf der Hanauer Brennelementefabrik an Rußland, aber der eigentliche Anlaß ist im Münsteraner Atomkonsens zu sehen. Schwerpunkte des politischen Kampfes sollen die geplanten Castor-Transporte, der Schacht Konrad und die 14 neuen Zwischenlager sein. Nach Ansicht von Beobachtern legte der Siemens-Konzern mit dem aus heiteren Himmel kommenden Antrag auf Export der Hanauer MOX-Fabrik nach Rußland bewußt eine Tretmine für Joschka Fischer.

 

Bekanntermaßen stellte die Schweizer Justiz bereits am 03.12.1999 ein Rechtshilfeersuchen an die BRD-Behörden, um zu ermitteln, ob via Schweizer Konten bundesdeutschen Politikern Bestechungsgelder des Ölkonzerns Elf Aquitaine zugeleitet wurden. Es fielen die Namen Walther Leisler Kiep, Holger Pfahls, Friedrich Bohl, Günther Krause, Werner Münch, Agnes Hürland-Büning und Manfred Carstens. Nach den Staatsanwaltschaften Augsburg, Bonn und Berlin erklärte sich nun auch die StA Saarbrücken für nicht zuständig. Wahrscheinlich wird der Bundesgerichtshof also eine Anklagebehörde bestimmen müssen, sich mit der Regierungskriminalität in der BRD auseinanderzusetzen.

 

Die Generalbundesanwaltschaft hat in Köln einen mutmaßlichen Spitzenfunktionär der kurdischen Befreiungsbewegung PKK festnehmen lassen. Dem 43jährigen wird die Verantwortung für die Besetzung der diplomatischen Vertretungen Griechenlands und Kenias in Düsseldorf, Köln und Bonn im Februar vergangenen Jahres angelastet. Der Bundesgerichtshof in Leipzig hat die Freisprüche für drei an der bekanntermaßen von israelischen Sicherheitskräften in einem Blutbad erstickten Besetzung des israelischen Konsulates in Berlin beteiligte Kurden aufgehoben und zur Neuverhandlung an die Instanzen verwiesen. Vor dem OLG Düsseldorf hat die GBA Anklage gegen einen 35jährigen Kurden erhoben, der als Deutschlandkoordinator der PKK der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bezichtigt wird. Bei neuen Gefechten im Südosten der Türkei sind 16 kurdische Rebellen im Kampf gegen türkische Truppen gefallen.

 

Die Zusammenstöße zwischen den loyalistischen Untergrundbewegungen UVF und UDA in Nordirland halten an. Bei einem Feuerüberfall der UVF auf ein Wohnhaus in Coleraine bei Derry wurde ein 11jähriges Mädchen durch Rückenschuß schwer verletzt. Bei weiteren Feuergefechten gab es zwei Verletzte, und im Ort Carrickfergus steckten Paramilitärs 20 Häuser in Brand. Vertreter der Ulster Unionist Party und der Ulster Democratic Party forderten die Loyalisten zu einem sofortigen Waffenstillstand auf.

 

 

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