![]() |
Die politische Wochenschau
vom 22. bis 28. April 2000
Schlagzeilen der Woche zusammengestellt von Christian Klee |
|
|
|
Zitat der Woche: |
"Die �bersch�tzung der Technik �ber die materielle Zweckm��igkeit hinaus f�hrt in eine von allen guten und b�sen Geistern verlassene, phantasielose, insektenhafte Tats�chlichkeit, die dadurch so idiotisch wird, da� sie ohne jegliche innere Berechtigung nur noch um ihrer selbst willen da ist."�� |
-
Franz Schauwecker
|
Vor dem Untersuchungsausschu� des Bundestages zur Spendenaff�re sagte unter anderem Agnes H�rland-B�ning aus. Die CDU-Politikerin fungierte nicht nur w�hrend ihrer von 1987 bis 1991 ausge�bten T�tigkeit als Parlamentarische Staatssekret�rin im Bundesverteidigungsministerium als verl�ngerter Arm von Thyssen und Elf Aquitaine. Zur gleichen Zeit ging dort der mittlerweile in S�dostasien untergetauchte Holger Pfahls als Staatssekret�r seinen dunklen Gesch�ften nach. Durch ihre vehementen Einspr�che verhinderte H�rland-B�ning den Bau einer ESSO-Pipeline von Wilhelmshaven nach Ingolstadt, die eine Konkurrenz f�r die Leuna-Pipeline in die neuen L�nder gewesen w�re.� Nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt arbeitete die Staatssekret�rin a.D. als Beraterin f�r den ber�chtigten Wirtschaftslobbyisten Dieter Holzer, an den sie ferner 3,5 Millionen DM ihrer Schmiergelder weiterreichte. H�rland-B�ning kassierte 8,5 Millionen DM von diversen Firmen (davon 1 Million f�r das Leuna-Gesch�ft, 5 Millionen f�r ein Bauprojekt in Berlin und 2,5 Millionen f�r dubiose Gesch�fte mit e-plus), denen sich 1992 und 1993 je 285.000 DM von Elf Aquitaine hinzugesellten. Das Ausscheiden aus dem Verteidigungsministerium verzuckerte der Staat �brigens mit einem �bergangsgeld von 280.000 DM sowie einer Monatspension von 13.000 DM. Damit nicht genug: Agnes H�rland-B�ning trieb ihr Unwesen sp�ter in der Bundeswehr-Zukunftskommission unter der Regie des Richard von Weizs�cker. Ihre Mitgliedschaft lie� sie erst ruhen, als ihr Name immer �fter im Zusammenhang mit der Kohl-Aff�re genannt wurde.�
� �
J�rg Haider lie� im Magazin NEWS zur EU verlauten: "Diese ganze Vereinigung ist genauso unmoralisch und politisch dekadent wie das alte Rom. In der Provnz l��t man arbeiten, um dann die entrichteten Gelder zu verprassen." Das Gegengewicht gegen das korrupte EU-Establishment sollen laut Haider die vielen "demokratischen Bewegungen" in Europa sein. Der scheidende FP�-Vorsitzende forderte, noch vor dem Sommer eine Volksabstimmung �ber den Austritt �sterreichs aus der EU abzuhalten.
� �
Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr berichtet, da� die auf dem Balkan eingesetzten Soldaten der Ansicht sind, sie selbst und ihre Vorgesetzten seien mangelhaft auf die Auslandskommandos vorbereitet. Als zweitgr��te Gefahr nach Landminen erscheint 45,7 % der Soldaten die Sorge, ihre Vorgesetzten k�nnten in Gefahrensituationen versagen. Weitere 35,6 % der Truppe f�rchtet "unberechenbares Verhalten von Kameraden". Die �u�erungen werfen ein bezeichnendes Licht auf den psychologischen Zustand der Bundeswehr. Ferner gehen 9 % der Ehen und Partnerschaften nach der R�ckkehr in die Br�che. Interessant w�ren in diesem Zusammenhang Umfrageergebnisse bez�glich der erb�rmlich schlechten, teilweise seit 30 Jahren veralteten Ausr�stung, mit der die Truppe in durchaus gefahrentr�chtige Eins�tze im Solde Amerikas gehetzt wird.
� �
Zur Er�ffnung der UN-�berpr�fungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag NPT in New York warnte UN-Generalsekret�r Annan vor den Pl�nen der USA, ein Raketenabwehrsystem zu installieren. Dieses k�nnte die weltweite nukleare Abr�stung zur�ckwerfen und den ABM-Vertrag zur starken Beschr�nkung derartiger Waffensysteme gef�hrden. Washington begr�ndet seine Pl�ne mit der baldigen Bedrohung durch Langstreckenraketen aus dem Iran, dem Irak und Nordkorea, die seine F�higkeit, der ganzen Welt milit�risch seinen Willen aufzuzwingen, gef�hrden w�rde. Das System solle nur f�r einige Dutzend anfliegende Raketen ausreichen und nicht etwa die russische F�higkeit zum Gegen- oder Erstschlag l�hmen. Nach den Zahlen des Haushaltsausschusses des US-Kongresses wird das Abwehrsystem nunmehr 60 Milliarden Dollar kosten. Bis 2015 sollen auf die erste Ausbaustufe von 100 in Alaska stationierten Abfangraketen mit modernstem Radar-Fr�hwarnsystem zwei weitere Stufen mit 24 tieffliegenden Infrarotsatelliten bzw. 150 weiteren Raketenbasen folgen.
�
Ru�land setzte kurz zuvor seine neue Milit�rdoktrin in Kraft und beh�lt sich damit einen atomaren Gegenschlag auch bei einem Angriff mit konventionellen Waffen vor. Ursache f�r die Absenkung der nuklearen Hemmschwelle sind der islamische Extremismus sowie die den UN-Sicherheitsrat �bergehende NATO-Milit�rkonzeption. Putin will die Dominanz von NATO und USA zur�ckdr�ngen und eine multipolare Welt mit mehreren Gro�m�chten schaffen, was vor allem in Indien und China auf Gegenliebe treffen d�rfte. Nahm die Sowjetunion nur die milit�rische St�rke als Kennzeichen einer Supermacht zur Kenntnis, so f�gt Ru�land nun die wirtschaftliche Kapazit�t hinzu. Hauptsorge Moskaus ist, es k�nne vom Westen auf die Rolle eines Rohstofflieferanten beschr�nkt werden. Insbesondere im Kaukasus und in Zentralasien, die in den letzten Jahren stark unter den Einflu� anglo-amerikanischer �lmultis geraten sind, k�ndigte Putin eine energischere russische Politik an. Im Gegensatz zu den USA, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea hat Ru�land immerhin den Atomteststop-Vertrag unterzeichnet und ist bem�ht, das offensichtlich von der Clinton-Administration angestrebte neue Atomwettr�sten durch Ratifikation des START II-Abkommens zu unterlaufen. US-Au�enministerin Albright sprach sich bereits bezeichnenderweise gegen die von Moskau angeregte Beschleunigung der atomaren Abr�stungsverhandlungen (START III) aus.
�
In Gro�britannien w�chst die Kritik an Gerhard Schr�ders wirtschafts- und sozialpolitischem Vorbild Tony Blair. Hintergrund ist die bedrohliche Lage in der verarbeitenden Industrie, die von New Labour zugunsten der Dienstleistungs- und der IT-Branche vernachl�ssigt wird. Zum Rover-Debakel und der nahenden Schlie�ung des Ford-Werkes in Dagenham bei London gesellen sich drohende Massenentlassungen bei British Steel und der marode Kohlenbergbau, der bereits von London mit 100 Millionen Pfund unterst�tzt werden mu�.� W�hrend alleine London ein h�heres BIP als die Schweiz erwirtschaftet, ist die Wirtschaftsleistung in Teilen von Wales und im Nordosten auf das Niveau Ungarns oder Chiles abgesunken. Gegen�ber deutschen und amerikanischen Betrieben liegt die Produktivit�t der Verarbeitenden Industrie nur bei 80 %. Seit der Wahl Labours im Mai 1997 sind hier bereits 250.000 Arbeitspl�tze verlorengegangen; der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP schrumpfte um 2 auf 16,5 %. Die amtlichen Statistiken, welche die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren ausweisen, sind eindeutig gesch�nt. Beispielsweise sind in Barrow 20 % aller arbeitsf�higen Personen erwerbslos. In den Statistiken tauchen jedoch nur 6 % auf, da der Gro�teil der Arbeitslosen keine Arbeitslosenunterst�tzung mehr erh�lt, sondern mit Krankengeld dahinvegetiert. In Gro�britannien leben 7 Millionen Menschen an oder unterhalb der Armutsgrenze.
�
In Frankreich hat der 1996 gegr�ndete Verein "Le droit de comprende" zum Schutz der franz�sischen Sprache vor einsickernden Fremdw�rtern bereits 6000 Mitglieder und wird vom Kultusministerium mit 345.000 Francs im Jahr gef�rdert. Vorsitzender ist der Algerienveteran Marceau D�champs. Bisher haben die Aktivisten im vor allem gegen Anglismen gerichteten Sprachenkampf bereits 1200 Ermittlungsverfahren wegen Versto�es gegen das Gesetz zum Schutz der franz�sischen Sprache von 1994 anstrengen k�nnen. So wurden 15 Unternehmen zu Geldstrafen von bis zu 100.000 Francs verurteilt, weil sie sich weigerten, ihre transnationalen Slogans zu franz�sisieren. Betroffen waren u.a. Yahoo und Nike.
�
Sprachenkampf Teil 2: In Frankreich finden �ffentliche Auseinandersetzungen um das bretonische W�rterbuch "Geriadur Brezhoneg" statt. Das Lexikon ist dem bretonischen Dichter Roparz Hemon gewidmet, einem ehemaligen Mitarbeiter des Reichspropagandaministeriums. Zu den wichtigsten Autoren geh�rte der am 3. November 1999 verstorbene Alan Heusaff. Dieser war im Krieg Aktivist der antifranz�sischen Milizeinheit Bezen Perrot. Im irischen Exil heiratete war er 1961 Mitbegr�nder der Celtic League, die f�r das �berleben und die Unabh�ngigkeit der sechs keltischen Nationen in Europa k�mpft. Zu den beanstandeten Stellen im W�rterbuch geh�rt die Definition des Wortes "existieren": Die Bretagne werde erst dann vollauf existieren, wenn das Franz�sische daselbst zerst�rt sein wird.
�
Mit 319 gegen 298 Stimmen best�tigte das italienische Parlament den neuen Ministerpr�sidenten Giuliano Amato als Leiter einer instabilen Mehrparteienkoalition. Schon die angestrebte deutliche Verkleinerung des aufgebl�hten Kabinetts mi�lang dem neuen Mann, der schon 1992/93 amtierte. Trotz ihrer Mitarbeit im Regierungslager kritisierten Gr�ne und Demokraten Amato wegen seiner Politik bzw. der dunklen Vergangenheit. Oppositionsf�hrer Berlusconi nannte den Ministerpr�sidenten den "Konkursverwalter einer im Sterben liegenden Mehrheit", w�hrend Gianfranco Fini von der Alleanza Nazionale den Tag seiner Wahl zu einem der schw�rzesten Tage in der Geschichte der italienischen Republik erkl�rte. Antonio Di Pietro, popul�rer ehemaliger Korruptionsermittler, verlie� aus Protest gegen Amato die Demokraten. Der gr�ne Spitzenpolitiker Edo Ronchi lehnte br�sk seine Ernennung zum Europaminister ab, da die Gr�nen das Umweltressort verloren. Amato erfreut sich in weiten Kreisen der italienischen �ffentlichkeit keines guten Rufes, weil er als politischer Ziehsohn des korrupten Sozialistenf�hrers Bettino Craxi gilt, der Anfang der 90er Jahre zu insgesamt 20 Jahren Haft verurteilt wurde.
�
Im UN-Protektorat Kosovo attackierten albanische Terroristen einen Krankenwagen, der ein serbisches Kind �ber die Grenze nach Serbien bringen wollte - im Land fand sich kein Arzt, der es behandeln wollte. W�hrend zwei serbische Polizisten verwundet wurden, fanden zwei UCK-Banditen den Tod. In Grncar detonierte ein von Albanern gelegter Sprengsatz in einem als orthodoxe Kirche benutzten Haus. In Mitrovica griff quasi unter den Augen einer Delegation des UN-Sicherheitsrates ein albanischer Mob zwei Busse an, die Serben von der Karfreitagsmesse nach Hause brachten. Die Messe im albanischen S�dteil der Stadt mu�te von Bereitschaftspolizei und Panzerwagen gesch�tzt werden.