Wirtschaft und Soziales

 

Hartz IV - Lügen statt Fakten Teil II

(Autor: fke, www.keine-agenda2010.de)

Am Montag, den 6. September, startete die BRD-Regierung ihre Desinformationskampagne zum Thema Hartz IV. Mit dieser Kampagne, die die Bundesregierung in großen Anzeigen in Tageszeitungen unter dem Titel „Hartz IV - Fakten statt Vorurteile“ fährt, soll der großen Volksbewegung mittels Verdrehungen, Täuschungen und Verfälschungen der Wind aus den Segeln genommen werden. Die Initiative keine-agenda2010.de nahm zu den einzelnen Punkten unmittelbar darauf Stellung und gab den „Argumenten“ der Bundesregierung den treffenderen Namen: „Hartz IV - Lügen statt Fakten“.

Auch am heutigen Montag, den 13. September wendet sich die Bundesregierung erneut mittels großer Anzeigen an das Deutsche Volk, das sich wiederum selbst mittlerweile von der Bundesregierung abgewendet hat und sich, zumindest in Mitteldeutschland, auch mehrheitlich auch vom parlamentarischen BRD-System lossagt. Das dies erneut am Tag der Montagsdemonstrationen geschieht, ist sicher alles andere als Zufall und eher Ausdruck von Angst vor dem eigenen Volk. Auch die großen Stimmengewinne nationaler Oppositionsparteien treiben der Bundesregierung sichtbar die Schweißperlen auf die Stirn und auch deshalb soll der großen Volksbewegung mittels Verdrehungen, Täuschungen und Verfälschungen der Wind aus den Segeln genommen werden.

Offensichtlich fällt der Bundesregierung auch nichts Neues mehr ein, denn zwei der drei „Argumente“, sind Wiederholungen aus der letzten Woche („Ist Hartz IV Armut per Gesetz?“ und „Ist Hartz IV sozial gerecht?“). Diese Argumente wurden bereits von keine-agenda2010.de als Lügen enttarnt. Die Redaktion von „keine-agenda2010.de“ hat die neuen „Argumente“ der Schröderregierung, wieder einmal auf deren Wahrheitsgehalt hin durchleuchtet:


Frage: Muß ich meine gesamten Ersparnisse aufbrauchen?

Antwort Bundesregierung: Nein. Denn die Freibeträge für Vermögen sind in dem neuen Arbeitslosengeld II höher als in der bisher gezahlten Arbeitslosenhilfe und deutlich höher als bei der bisherigen Sozialhilfe. Deshalb muß auch kein Empfänger von Arbeitslosengeld II fürchten, künftig im Alter mittellos zu sein. Altersvorsorge mit Riester-Rente etwa wir überhaupt nicht als Vermögen angerechnet.

Stellungnahme „keine-agenda2010.de“: Der Freibetrag beträgt 200 Euro pro Lebensjahr. Ein 40-jähriger, der z.B. 50.000 Euro von seinen Eltern geerbt hat, muß davon 42.000 Euro zunächst verbrauchen, bevor er Anspruch auf ALG-II hat. Als Alleinstehender muß er rund fünf bis sechs Jahre ohne einen Pfennig staatlichen Almosens auskommen, obwohl er vorher vielleicht zwanzig Jahre lang Steuern und Sozialversicherungen, insbesondere Arbeitslosenversicherung, gezahlt hat. Und dabei stimmt auch der viel zitierte Freibetrag von 200 Euro nicht ganz, da auch hier der Teufel im Detail steckt. Ein Beispiel: Ein 50-jähriger ALG-II-Antragsteller gibt an, daß er eine Lebensversicherung hat, dessen Rückkaufwert bei 10% Verlust genau 10.000 Euro beträgt. Das entspricht genau seinem Freibetrag, er muß die Versicherung nicht aufkündigen. Im nächsten Jahr hingegen, ist der Rückkaufwert aber vielleicht 10.600 Euro, sein Freibetrag jedoch nur auf 10.200 Euro angewachsen. Ergo: 400 Euro werden ihm in diesem Jahr nur als Darlehen bezahlt, da er ja in dem Jahr 400 Euro Vermögenszuwachs hat. In den darauffolgenden Jahren wiederholt sich das ständig.

Der Hinweis auf die Riester-Rente ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten, denn wer sein Geld „riestert“, baut gar kein Vermögen auf, es kann ihm also auch gar keins angerechnet werden.

Nicht alle Ersparnisse müssen also aufgebraucht werden, aber alle nennenswerten bis zu einem kläglichen Rest. Der marode BRD-Staat geht in die Wohnungen und holt sich da sein Geld, um weiterhin gigantische Umverteilungen von unten nach oben, Zinsen an Banken und Schenkungen an alle Welt zu finanzieren!


Frage: Müssen Eltern für Ihre volljährigen Kinder zahlen?

Antwort Bundesregierung: Nein. Eltern werden grundsätzlich nicht zu Unterhaltszahlungen herangezogen, wenn ihre volljährigen Kinder Arbeitslosengeld II bekommen. Umgekehrt gilt das Gleiche für Kinder, deren Eltern künftig Arbeitslosengeld II erhalten. Ausnahmen gibt es - unter anderem für Eltern, deren Kinder jünger als 25 Jahre sind und ihre Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben. Für diese Kinder müssen die Eltern sorgen, sie zählen zur so genannten Bedarfsgemeinschaft.

Stellungnahme „keine-agenda2010.de“: Das was hier als revolutionäre und generöse Wohltat anmutet, ist seit Jahr und Tag Gesetz. Noch nie waren Eltern ihren erwachsenen Kindern zum Unterhalt verpflichtet und umgekehrt. Auch Geschwister untereinander waren nie gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet (falls sie aber in einer Wohnung leben, gelten sie als Haushaltsgemeinschaft, mit Abzügen für denjenigen, der ALG-II beantragt). Diese Stellungnahme der Bundesregierung enthält aber auch eine verdeckte Drohung, in etwa: „Das Deutsche Volk kann froh sein, daß wir generöser Weise (derzeit) darauf verzichten, daß die nächsten Verwandten nicht auch noch herangezogen werden“. Und in der Tat sah der erste Entwurf zu „HIV“ (Hartz IV) vor, daß das geschehen sollte. „Linke“ SPD’ler legten sich aber damals quer. Denn sie wußten aus Gewerkschaftskreisen, daß das gegen das Deutsche Volk nicht durchzusetzen ist, obwohl DGB sonst alles widerstandslos abnickt und auch die PDS jede liberal-kapitalistische Sauerei staatstragend mitmacht. Wir dürfen also schon gespannt auf Hartz V und Hartz VI warten!

Frage: Müssen Arbeitsuchende jetzt für einen Euro arbeiten?

Antwort Bundesregierung: Nein. Niemand muß für einen Euro pro Stunde arbeiten. Wer in einem Zusatzjob Arbeiten für die Gemeinschaft übernimmt, bekommt dafür - zusätzlich zu seinem Arbeitslosengeld II - eine Aufwandsentschädigung. Diese wird nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Damit können monatlich etwa 800 bis 900 Euro für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Zusatzjobs bieten Langzeitarbeitslosen die wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen und sich weiter zu qualifizieren. Viele Gemeinden und Arbeitssuchende haben mit solchen Angeboten gute Erfahrungen gemacht.

Stellungnahme „keine-agenda2010.de“: Das was hier behauptet wird, ist an Verdrehungen, Täuschungen und Unwahrheiten wohl nicht mehr zu überbieten. Wie tief muß eine Regierung eigentlich gesunken sein, die das Deutsche Volk derart belügen muß?

Tatsache ist: Ein ALG-II-Empfänger muß als Gegenleistung „gemeinwirtschaftlich“ arbeiten, und zwar umsonst! Der Staat habe schließlich ein Recht auf Gegenleistung, wie Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) bekräftigte. Dafür erhält er dann eine Aufwandsentschädigung (das ist KEIN Lohn!) von ein oder zwei Euro die Stunde. Von dieser Aufwandsentschädigung zahlt er sein Fahrtkosten zur Arbeit und evtl. notwendige Arbeits(schutz)kleidung. Repariert also ein arbeitsloser Maurer den ganzen Monat Gehwege, so bekommt er dafür zusätzlich 168 bis 176 Euro Aufwandsentschädigung (bei 40 Std. Woche). Lohn erhält er nicht. Im Gegenteil, denn der Teufel steckt bekanntlich, im Detail:

Auch Hartz IV enthält noch Fangschlingen, die bislang weitgehend unbeachtet blieben: „Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. [...] diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften des Arbeitsschutz und des Bundesurlaubsgesetz sind entsprechend anzuwenden; [...]“.

Zu Deutsch: Wer also ALG-II bekommt und zukünftig für den Wert einer Bockwurst arbeiten muß, der ist also nur noch durch den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz abgesichert. Die übrigen Arbeitsgesetze gelten dann nicht mehr. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gehört das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht zum Arbeitsschutz. Wer also einen Ein-Euro-Job hat und krank wird, bekommt selbst diesen Hungerlohn nicht mehr. Und wer sich bei der Arbeitsgelegenheit eine ernste Verletzung zuzieht, bekommt zwar medizinische Versorgung, weil er krankenversichert ist, aber keine Unfallrente. Empfänger von ALG-II sind nämlich nicht in der betrieblichen Unfallversicherung, da sie juristisch gar nicht arbeiten und schon gar nicht in einem Betrieb. Denn egal wie viele Arbeitsgelegenheiten eine Stadt, Kommune oder Verband schafft, einen Betriebs- oder Personalrat wird es für diese Tätigkeiten nicht geben, denn die entsprechenden Gesetze zählen hier nicht. Wer dennoch den Mund aufmacht und z.B. bei Bedarf auf die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften pocht, kann seine "Arbeitsgelegenheit" und dessen „Lohn“ sofort verlieren, denn auch das Kündigungsschutzgesetz gilt für ALG-II-Empfänger nicht. Gewerkschaftliche Organisation oder gar Streik für Ein-Euro-Arbeiter sind nicht möglich, weil das Tarifvertragsgesetz nicht greift.

Für Streitigkeiten rund um den Ein-Euro-Job sind nicht mehr die Arbeitsgerichte zuständig sind, sondern die Sozialgerichte. Das sagt eigentlich alles!

Die Spitzen der Wohlfahrtsverbände stellten gemeinsam mit Sozialministerin Ulla Schmidt und Familienministerin Renate Schmidt (beide SPD) klar, daß Langzeitarbeitslose nicht gegen den Willen der Einrichtungen (!!) eingesetzt werden sollen: "Die Verbände müssen die Gelegenheit haben, Menschen, wenn sie nicht geeignet sind, abzulehnen", sagte Renate Schmidt. Dies sei eine "Selbstverständlichkeit". Wenn aber der ALG-II-Empfänger einen gemeinnützigen Pflegejob ablehnt, obwohl ihm die Einrichtung zuvor die Tauglichkeit zu pflegerischer Arbeit mit Älteren oder Kindern beschieden hatte, riskiert er Sanktionen durch das Sozial- oder Arbeitsamt (in der Regel eine Sperre des ohnehin schon geringen ALG-II).

Aber es kommt noch dreister:
Beide Ministerinnen haben sich in Absprache mit den Verbänden dafür ausgesprochen, eine Pauschale, die für die Beschäftigung eines Langzeitarbeitslosen gezahlt wird, dem Qualifizierungsaufwand angemessen in unterschiedlicher Höhe auszuzahlen. Derzeit ist vorgesehen den Einrichtungen, die Ein-Euro-Jobs anbieten, monatlich pauschal im Schnitt 500 Euro (!!!) zukommen zu lassen. 200 Euro sollen davon in Form einer "Mehraufwandsentschädigung" an den ALG-II-Empfänger gehen, 300 Euro würden dem Träger für Verwaltung und Qualifizierung verbleiben. Dies, so Renate Schmidt, sei als Empfehlung zu verstehen. Die Höhe der Pauschale sei individuell mit dem „Fallmanager“ abzustimmen (Arbeitslose sind heute keine Menschen mehr, sondern „Fälle“). Davon hänge auch ab, was dem ALG-II-Empfänger am Ende überwiesen werde. Kein Wunder also, daß sich der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Manfred Ragati, für eine Verlängerung der Beschäftigungsdauer aussprach, auch die Industrie gerne helfend einspringen möchte und in den vergangenen Wochen gleich mehrere Wirtschaftsverbände die Befürchtung äußerten, die Ein-Euro-Jobs könnten einseitig öffentlich-rechtliche Träger begünstigen. Jeder will ran an die Beute und ein möglichst großes Stück abbekommen.
Man muß sich das erst einmal ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen: Da beschäftigen Sozialverbände, Städte und andere Arbeitslose ohne jedwede Arbeitnehmerrechte im angeblichen „öffentlichen Interesse“ für den Wert einer Bockwurst und bekommen noch was obendrauf!

 

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