Wirtschaft
und Soziales
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Global Trends 2015
Eine Studie der US-Geheimdienste
Verfasser: Richard Schapke
1. Einleitung
Im Dezember vergangenen Jahres legte das National Foreign Intelligence Board der Vereinigten Staaten die Studie "Global Trends 2015" vor, der 1997 die "Global Trends 2010" vorausgingen. Der National Intelligence Council erarbeitete diese Prognose für die globale Entwicklung in den nächsten 15 Jahren unter Heranziehung von Experten und Nichtregierungsorganisationen, was wiederum ein bezeichnendes Licht auf die wahre Funktion dieser "unabhängigen" pressure groups wirft. Festzuhalten ist, daß die Entwicklungen sehr durch die US-amerikanische Brille betrachtet wurden. Der Verfasser beschränkt sich darauf, den Schwerpunkt auf globale Trends zu legen - eine detailliertere Darstellung würde den Rahmen bei weitem sprengen. Es handelt sich hier also um eine komprimierte Auflistung von den wohlinformierten US-Nachrichtendiensten erwarteter Entwicklungen; diese im Grunde aus einer Thesenaufzählung bestehende Zusammenfassung benötigt daher keinen regulären Schlußteil.
Als maßgebliche Faktoren, welche die globale Entwicklung beeinflussen werden, gelten Bevölkerungsentwicklung, Rohstoffversorgung, Wissenschaften und Technologie, Weltwirtschaft und Globalisierung, nationale und internationale Regierungspolitik, zukünftige Konflikte und nicht zuletzt die Rolle der USA. Zu berücksichtigen ist, daß kein einziger dieser Faktoren die Entwicklung unabhängig von den anderen beeinflussen wird. Jeder dieser Faktoren wird andere Auswirkungen in den verschiedenen Regionen und Ländern haben. Ferner werden diese Faktoren einander nicht zwingend verstärken, oftmals wirken sie gegeneinander. Die aufgestellten Prognosen sind nicht kurzfristig-taktischer, sondern langfristig-strategischer Natur.
2. Bevölkerungsentwicklung
Im Jahr 2015 wird die Weltbevölkerung - bei proportional rückläufigem Anstieg - von derzeit 6,1 auf 7,2 Milliarden angewachsen sein, hinzu kommt eine steigende Lebenserwartung in den meisten Staaten. 95 % des Bevölkerungszuwachses werden auf Entwicklungsländer und innerhalb dieser auf rapide wachsende städtische Ballungszentren entfallen. Mehr die Hälfte der Weltbevölkerung wird 2015 in Städten leben. Die Zahl der in Megastädten mit mehr als 10 Millionen Einwohnern lebenden Menschen wird sich auf mehr als 400 Millionen verdoppeln.
In zerbrechlichen Systemen wird diese Kombination aus Bevölkerungszuwachs und Urbanisierung die Instabilität verstärken. In Teilen Schwarzfrikas ist infolge der verheerenden demographischen Auswirkungen von AIDS mit einem Bevölkerungsrückgang zu rechnen. Die Industriestaaten und eine wachsende Zahl von Schwellenländern sehen sich fallenden Geburtenraten und steigender Lebenserwartung gegenüber. Diese werden gemeinsam die Kosten des Sozialnetzes vergrößern, während die arbeitsfähige Bevölkerung abnimmt. In den Entwicklungsländern wirkt die gleiche Kombination sich durch Vergrößerung der arbeitsfähigen Bevölkerung und Abbau des Überhangs an nachströmenden Jugendlichen aus - das Potential für wirtschaftlichen Aufschwung und politische Stabilität wird größer.
3. Rohstoffe
Generell wird die Nahrungsmittelproduktion ausreichen, um die Menschheit zu ernähren. In Schwarzafrika werden infrastrukturelle Mängel, politische Instabilität und chronische Armut jedoch zu Versorgungsengpässen führen; die Zahl der Hungernden steigt weiter an. Hiervon werden autoritäre Regimes und Bürgerkriegsregionen besonders betroffen sein.
Trotz eines Anstieg des globalen Energiebedarfes um 50 % wird die Energieversorgung ausreichen, sofern es gelingt, den unentdeckten verfügbaren Anteil von 80 % der Erdöl- und 95 % der Erdgasressourcen aufzuspüren und zu fördern. Der Welterdölmarkt wird in zwei Regionen zerfallen: Die Anrainer des Atlantik mit den vermuteten Tiefseevorkommen und Asien (hier vor allem China und Indien), das weiterhin auf die Vorkommen am Persischen Golf, am Kaspischen Meer und in Zentralasien angewiesen sein wird. Ein militärischer Konflikt zwischen Schlüsselstaaten der Energieproduktion, andauernde innenpolitische Instabilität in zwei oder mehr derartigen Staaten oder terroristische Großoperationen können verheerende Auswirkungen auf die globale Energieversorgung und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung zeitigen. Durch interne Instabilitäten sind vor allem die reaktionären Ölförderstaaten im Nahen Osten bedroht.
Im Gegensatz zu Nahrungsmitteln und Energie wird sich Wasserknappheit zu einer echten Herausforderung für den Mittleren Osten, Schwarzafrika, Südasien und Nordchina auswachsen. Mit einer Zunahme regionaler Spannungen und Konflikte um Wasservorkommen ist zu rechnen. Hier sind vor allem die mesopotamischen Staaten Türkei, Irak und Syrien zu nennen sowie Ägypten, der Sudan und Äthiopien als Nilanrainer.
4. Wissenschaft und Technik
Die wissenschaftliche und technologische Revolution wird sich weiter beschleunigen, vorangetrieben durch immer neue Entwicklungen, den IT-Sektor und die Biotechnik. Informationstechnologie wird sich zum Hauptfaktor für den internationalen Handel und für die Erstarkung transnationaler Konzerne entwickeln. Die Erde erlebt mit der IT-Revolution die bedeutendste wirtschaftliche Veränderung seit der Industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Biotechnologie wird Gesundheit und Lebenserwartung der ohnehin schon gesunden Bevölkerung in den Industriestaaten weiter verbessern. Mit genmanipulierten Nahrungsmitteln kann die Versorgung der 1 Milliarde zählenden Hungernden verbessert werden. Durchbrüche in der Materialtechnologie machen multifunktionale, sichere, langlebige und einfache Produkte verfügbar.
Die vermehrten Technologieinvestitionen werden die Entwicklung der Industriestaaten weiter vorantreiben. Ältere Industrien und Technologien werden sich in neue Märkte verlagern. Diese Verlagerung kommt Schwellenländern zugute, die an der Entwicklung von ballistischen Raketen und Massenvernichtungswaffen interessiert sind. Aggressive Staaten, Terroristen, Drogenhändler und Organisiertes Verbrechen profitieren von der verbesserten Technologie und bilden gemeinsam eine Bedrohung für Stabilität und Sicherheit in aller Welt. Die zunehmende Abhängigkeit von Computernetzwerken macht die Infrastruktur als Ziel für militärische oder technologische Angriffe attraktiver.
5. Weltwirtschaft und Globalisierung
Die vernetzte Weltwirtschaft wird durch schnelle und weitgehend unbegrenzte Ströme von Informationen, Ideen, kulturellen Werten, Kapital, Waren, Dienstleistungen und Menschen angetrieben. Diese globalisierte Wirtschaft wird die politische Stabilität erhöhen, auch wenn ihre Vorteile nicht allen zugute kommen. Im Gegensatz zur Industriellen Revolution ist der Prozeß der Globalisierung intensiver. Die Evolution wird ruckartiger verlaufen, gekennzeichnet durch chronische finanzielle Instabilität und eine sich ausweitende wirtschaftliche Kluft zwischen den Profiteuren und dem Rest der Gesellschaft bzw. der Welt. Die Weltwirtschaft kehrt zu den hohen Wachstumsraten vor der Ölkrise zurück, vorangetrieben von politischem Druck nach höherem Lebensstandard, verbesserter Wirtschaftspolitik, wachsendem Außenhandel, Auslandsinvestitionen, unkontrollierbaren Informationstechnologien und einer immer dynamischeren Privatwirtschaft. Gefahren sind jedoch eine grundlegende Finanz- und Wirtschaftskrise oder ein anhaltender Einbruch in der Energieversorgung - sie können diese optimistische Prognose zunichte machen.
Regionen, Länder und benachteiligte soziale Gruppen werden wirtschaftliche Stagnation, politische Instabilität und kulturelle Entfremdung erleben. Hierdurch entsteht politischer, ethnischer, ideologischer und religiöser Extremismus, oftmals begleitet von Gewalt. Extremismus und Militanz werden die Industriestaaten zwingen, sich weiterhin mit den Herausforderungen des 20. Jahrhunderts zu befassen, während sie sich auf die Umsetzung von Technologien des 21. Jahrhunderts konzentrieren. Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden Schwarzafrika, der südamerikanische Andenraum, Zentralasien und der Nahe Osten in ihrer weltwirtschaftlichen Bedeutung weiter zurückfallen und sich vom Rest der Welt gewissermaßen abkoppeln.
6. Nationale und internationale Regierungspolitik
Die Staaten sind weiterhin die vorherrschenden internationalen Akteure, aber die Regierungen werden weniger Kontrolle über den Verkehr an Informationen, Technologien, Krankheiten, Migranten, Waffen und Finanzen besitzen. Nichstaatliche Akteure von Konzernen bis hin zu gemeinnützigen Organisationen bauen ihre Rolle in nationalen und internationalen Belangen aus. Die Qualität der Regierungspolitik wird davon abhängen, wie gut Staaten und Gesellschaften mit den globalen Kräften der Konzerne und Organisationen zurechtkommen.
Viele Staaten passen ihre gouvernementalen Strukturen der dramatisch veränderten globalen Entwicklung an. Die Zuständigkeiten der einst halbautonomen Behörden überschneiden sich, da die Sicherheitsprioritäten einen transnationalen Charakter entwickeln und da ein deutlicher Bedarf an interdisziplinären politischen Entscheidungen besteht. Die traditionellen Regierungs- und Verwaltungsstrukturen werden sich verändern. Effektive Regierungspolitik wird zunehmend von der Fähigkeit und der Flexibilität abhängen, Partnerschaften zur Ausnutzung der Informationsflüsse, neuen Technologien, Wanderungsbewegungen und des Einflusses der nichtstaatlichen Akteure aufzubauen. Ineffektive Regierungspolitik hingegen wirft die betreffenden Staaten zurück und provoziert Konflikte im In- und Ausland. Die Globalisierung vergrößert die internationale Transparenz der Regierungsentscheidungen, erschwert aber gleichermaßen die Existenz autoritärer Systeme wie traditioneller demokratischer Entscheidungsprozesse. Zunehmende Wanderungsbewegungen beeinflussen politische Inhalte, politische Interessenvermittlung und sogar die nationale Identätit in vielen Ländern. Ungeachtet vermehrter Anforderungen zur internationalen Zusammenarbeit werden Staaten und Organisationen bis 2015 kaum auf diese reagieren.
7. Zukünftige Konflikte
Die USA werden auch 2015 weiterhin das militärtechnisch führende Land der Welt sein. Sie sehen sich drei Bedrohungsformen gegenüber: Asymmetrischen, strategischen und regionalen Bedrohungen.
Bei asymmetrischen Bedrohungen vermeiden staatliche und nichtstaatliche Widersacher die direkte Konfrontation mit der Militärmaschinerie der USA, führen aber einen Abnutzungskonflikt, um die Stärke der US zu verringern und erkannte Schwachstellen auszunutzen. Die zunehmende Vernetzung der Weltwirtschaft und der Informationsflüsse macht nichtstaatliche Gegner in dieser Hinsicht immer gefährlicher. Terroristische Operationen werden sich immer mehr darauf konzentrieren, möglichst hohe Verluste zu verursachen, und mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch nichtstaatliche Gegner wird gerechnet. Unter strategischen Bedrohungen ist die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen zu verstehen; Gefahrenherde sind hauptsächlich Rußland und China, fast mit Sicherheit Nordkorea, wahrscheinlich der Iran und möglicherweise der Irak. Regionale Bedrohungen stellen wenige Länder dar, die starke Streitkräfte mit einer Mixtur aus veralteten und modernen Waffensystemen unterhalten.
Das Kriegsrisiko unter den Industriestaaten ist niedrig. Die internationale Gemeinschaft wird sich jedoch weiterhin Konflikten in aller Welt von internen Unruhen bis hin zu regionalen Kriegen gegenübersehen. Hauptkrisenherde sind Asien mit den Rivalitäten zwischen China und Taiwan bzw. Indien und Pakistan sowie der Nahe Osten. Innerstaatliche Konflikte religiöser, ethnischer, wirtschaftlicher und politischer Natur werden nicht zurückgehen und möglicherweise zunehmen. Die UNO und regionale Organisationen müssen sich mit diesen Konflikten auseinandersetzen, da die Großmächte ihr direktes Engagement zurückfahren. Gründe für das verringerte internationale Engagement sind eigene Interessen, die Gefahr eines Fehlschlages, der Mangel an politischem Willen und Knappheit an Ressourcen. Exportkontrollen und Wirtschaftssanktionen verlieren infolge weitverbreiteter Technologie, durchlässiger Grenzen, allgemeinem Aufbau von Rüstungsindustrien und allgemeiner Abhängigkeit von ausländischen Märkten an Wirksamkeit. Die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Massenvernichtungswaffen durch staatliche und nichtstaatliche Parteien gegen die USA bzw. ihre Streitkräfte, Einrichtungen und Überseeinteressen steigt an.
8. Risikofaktoren des 21. Jahrhunderts
Bedingt durch ein großes Handelsbilanzdefizit und die niedrige Sparquote, ist die global führende Wirtschaft der USA anfällig für Krisen. Ein Verlust des internationalen Vertrauens in die Wachstumsaussichten, im Klartext ein Kapitalabzug der ausländischen Anleger, kann zu einem scharfen Einbruch führen. Hält dieser Einbruch an, wird er zerstörerische wirtschaftliche und politische Konsequenzen für den Rest der Welt haben. Die EU und Japan werden bis 2015 110 Millionen neue Arbeitskräfte benötigen, um ihre Rentensysteme aufrechtzuerhalten. Konflikte über soziale Fragen und die massenhafte Einwanderung können das Wirtschaftswachstum hemmen. Eine weitere Gefahr liegt im Scheitern der wirtschaftlichen Reformen in den erwachenden Großmächten China und Indien. Das Ausbleiben teifgreifender Finanzreformen in den labilen Schwellenländern kann eine Serie von regionalen Wirtschaftskrisen auslösen.
Ein weiteres großes Fragezeichen steht hinter der Entwicklung in China. Der Kurs der wirtschaftlichen Liberalisierung unter politisch autoritärem Vorzeichen birgt sozialen Sprengstoff, der durch den WTO-Beitritt noch verstärkt wird. Die Volksrepublik muß jedoch nicht zwangsläufig unter diesen Belastungen zusammenbrechen, da sie sich als widerstandsfähig und dynamisch erwiesen hat. Pekings militärisches Langzeitprogramm sieht die Fähigkeit zum Erreichen territorialer Ziele, die Überlegenheit über seine Nachbarn und die Herausforderung der USA in Ostasien vor. Ein schwaches, instabiles China ist jedoch für die Sicherheitsinteressen des Westens mindestens genauso gefährlich wie ein unter Ausnutzung seiner wachsenden wirtschaftlichen und militärischen Kapazitäten nach strategischer Kontrolle des Fernen Ostens strebendes Reich der Mitte. In jedem Fall ist mit einer deutlichen Modernisierung der veralteten chinesischen Militärmaschinerie zu rechnen. Neben dem Raketenpotential wird die Flotte ausgebaut - um Taiwan unter Druck zu setzen, das Südchinesische Meer zu beherrschen und die Öltransportwege vom Persischen Golf offenzuhalten. Allgemein wird erwartet, daß die chinesische Führung auch weiterhin Frieden und Stabilität als Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Aufbau ansieht.
Im Gegensatz zum aufstrebenden China wird es für Rußland immer schwieriger, seine Großmachtansprüche seinen dramatisch zurückgegangenen Ressourcen anzupassen. Das Land wird aller Wahrscheinlichkeit nach schwach bleiben und mit dem internationalen System nur institutionell durch seinen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat verbunden sein. Es ist unsicher, ob Rußland sich diesem untergeordneten Status ohne Gefährdung der regionalen Stabilität anpassen wird. Die russische Regierungspolitik wird ein kritischer Faktor für die internationale Sicherheit sein, da sie regionale Spannungen und vor allem eine innenpolitische Radikalisierung verhindern muß. Bei einem Verlust an konventioneller militärischer Stärke wird Moskau weiterhin ein beachtliches atomares Vernichtungspotential beibehalten.
Die Zukunft Japans hängt grundsätzlich vom Erfolg der erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Strukturreformen ab. Diese sind notwendig, um eine robuste Wirtschaftslage herzustellen und den Verlust des Vorsprungs vor dem Rest Ostasiens - vor allem vor China - zu verhindern. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Japan seinen Platz als drittstärkste Volkswirtschaft der Welt behaupten kann. Die zweite Unsicherheit ist diejenige, ob Japan weiterhin den treuen Satelliten der USA in Fernost spielen wird oder militärisch aufrüstet und daher ein selbstbewußterer Partner ist.
Indien wird im Jahr 2015 sehr wahrscheinlich 1,2 Milliarden Einwohner haben. Das demographische Gewicht und der technologiebasierte Wirtschaftsaufschwung machen Indien zwangsläufig zu einer Regionalmacht in Asien. Die internationale Bedeutung Indiens hängt jedoch davon ab, ob es imstande ist, seine internen wirtschaftlichen Ungleichgewichte und sozialen Ungerechtigkeiten abzubauen. Ein weiteres Problem ist die Zerrissenheit der politischen Landschaft. Wie auch immer, der Aufstieg Indiens wird seine Beziehungen zu China, Rußland, Japan und dem Westen belasten und vor allem die atomare Rivalität mit Pakistan anheizen. Die pakistanische Regierung hat bereits den Grundsatz verkündet, stets eine ausreichende nukleare Abschreckung gegen Delhi sicherzustellen.
9. Die Rolle der USA
Die USA bleiben eine weltwirtschaftliche Großmacht mit einzigartigen technologischen, militärischen und diplomatischen Einflußmöglichkeiten. Diese Machtstellung sichert die Bedeutung der USA, macht sie aber auch zu einer Haupttriebkraft des internationalen Systems. Die USA werden weiterhin in aller Welt als Hauptwortführer und Hauptprofiteur der Globalisierung wahrgenommen. Infolge der fortschreitenden weltwirtschaftlichen Integration nimmt die weltweite Auswirkung amerikanischer Wirtschaftsaktionen zu. Gegner wie Verbündete beziehen die Überlegenheit des amerikanischen Militärpotentials in ihre Sicherheits- und Interessenpolitik ein. Der Ausbau eigener EU-Militärstrukturen wird die Zusammenarbeit mit der NATO, die bis 2015 den Großteil des europäischen Raumes vereinnahmt haben wird, nicht langfristig behindern.
Gelegentlich werden Gegner wie Verbündete versuchen, die Hegemonie der USA auf die Probe zu stellen. Diese Versuche werden nicht zu strategischen, breiten und dauerhaften antiamerikanischen Koalitionen führen, aber immerhin zu taktischen Bündnissen über spezifische Fragen. Washington wird es daher schwieriger haben, seine Macht zur Erreichung bestimmter außenpolitischer Ziele umzusetzen. Der weltwirtschaftliche und kulturelle Einfluß der Vereinigten Staaten nimmt allgemein ab.
In Abwesenheit einer deutlichen Bedrohung wird es der US-Regierung schwer fallen, die an Profiten und nicht an außenpolitischen Zielen interessierte Privatwirtschaft in ihrem Sinne zu dirigieren. Für Washington wird es nicht mehr so einfach sein, außenpolitische Koalition zu schmieden, auch wenn es weiterhin darum gebeten wird, die Führung bei internationalen Krisenmissionen zu übernehmen. Als neue Verbündete oder Herausforderer der USA werden China, Rußland, Indien, Mexiko, Brasilien, die EU und transnationale Konzerne die Bühne betreten.