Politische Theorie

 

Überwindung des Aktivismus

 

Julius Evola   (aus: Deutsches Volkstum, November 1933)

 

Dass der „Aktivismus“ im „modernen“ Zeitalter etwas geworden ist wie ein Losungswort, kann kaum bestritten werden. In Theorie und Praxis wird die Aktion, d.h. alles, was Spannung ist, Schwung, Werden, Verwandlung, ewige Suche, unerschöpfliche Bewegung, gepriesen und verteidigt. Die der rationalistischen Gedankenwelt der Vorkriegszeit so vertraute Ebene der „Prinzipien“ geht unaufhaltsam ihrer Dämmerung entgegen - und dieser Untergang wird noch mit Freude begrüßt. Tatsächlich erleben wir heute nicht nur den Triumph der Aktion, sondern auch eine Philosophie sui generis im Dienste der Aktion, die mit Hilfe einer systematischen Kritik und eines starken spekulativen Apparats sich Alibis jeder Art zu verschaffen bestrebt ist und mit vollen Händen über die von abweichenden traditionsbewussten Gesichtspunkten aus vertretenen Werte ihre Geringschätzung ausgießt.

Das Interesse am „Erkennen“ wird immer mehr zugunsten des Interesses am „Tun“ zurückgedrängt, oder wenigstens zugunsten der Elemente, die aus der Sphäre des Erkennens in die der Tathandlung und praktischen Verwirklichungen übersetzbar sind. Mit einer reinen Erkenntnis, deren arteigener Gegenstand - wie im traditionellen Begriff - eine überhistorische Wirklichkeit, eine Überwelt - hyperkosmia - jenseits von Zeit und Raum sein soll, wissen die meisten heute kaum mehr etwas anzufangen. Bei Betrachtung der Dingwelt hat sich das moderne Auge immer mehr daran gewöhnt, ihren „Seins“-Aspekt zu vernachlässigen, um desto mehr auf ihren Aspekt als „Werden“, „Entwicklung“, „Geschichte“ zu verweisen.

So schließen sich „Historismus“ und „Dynamismus“ mit dem „Aktivismus“ auch auf der Ebene höherer Kulturformen zur Einheit zusammen. Auf dem Gebiete der exakten Wissenschaft werden Prinzipien, die bis gestern als an sich evident und unveränderbar gültig galten, heute als hypothetische Annahmen angesprochen, die einer Kontrolle im Sinne des Werdensprozesses der wissenschaftlichen Erkenntnisweise unterworfen werden müssen. In der Auffassung vieler büßt sogar im religiösen Bereich die Unwandelbarkeit der Dogmen sichtlich jene Gültigkeit ein, die ihnen als Widerschein der Absolutheit und Transzendenz zukommt, wie sie in einer Wahrheit „nichtmenschlichen“ Charakters wesenhaft eigen sein soll: Eine durchaus profan eingestellte Exegese ist bemüht, im Bunde mit der so genannten vergleichenden Religionswissenschaft und, angeleitet von neuen Anforderungen, in den Dogmen nichts weiter zu erblicken als Momente des Werdeprozesses, einer „immanenten“ Geschichte des religiösen Bedürfnisses: wobei keinen Augenblick gezögert wird, die krassesten Vermenschlichungen vorzunehmen.

Auf dem Gebiet der Philosophie ist die Lage noch eindeutiger. Pragmatismus, Voluntarismus sind Strömungen, die - sei es auch in verschiedenartiger Ausprägung - alle in einem einzigen Motto zusammenfließen, das in die Formen der spekulativen Rechtfertigung nichts anderes übersetzt als das Grundmotiv des menschlichen Daseins von heute, seinen Tumult, sein Geschwindigkeitsfieber, seine jeden Zeit- und Raumintervall verkürzende Mechanisierung, seinen krampfartigen, atemlosen Rhythmus, wie er besonders in Amerika bis zur äußersten Grenze vorstößt. Hier überschlägt sich das aktivistische Thema zu einem fast dämonischen Paroxysmus, absorbiert es die Lebenstotalität in einer steten, hemmungslosen Beschleunigung, während sich der Horizont immer mehr zu durch und durch zeitgebunden-vergänglichen Verwirklichungen verdüstert. Hier wird die Dämonie des Kollektiven allmächtig in ihrer Herrschaft über Wesen, die jedes traditionsverwurzelten Halts beraubt und verkrampft sind zu einer Unruhe, die über alle Grenze hinaus will, während vielfach unterpersönliche und antlitzlose Mächte sie dem Tierideal einer ahrimanischen Welt zudrängen.

Überaus charakteristisch ist der Umstand, dass die moderne Kultur sich nicht darauf beschränkt, die aktivistische Orientierung des Lebens abzuspiegeln, sondern sie noch weiter aufpeitscht, übersteigert, sie nicht nur als tatsächliche Gegebenheit, sondern vielmehr als etwas ansieht, was sein soll, weil es gut ist, so zu sein. Die Verherrlichung der Aktivität - in ihren Erscheinungsformen als Irrationalität und Ursprünglichkeit - wird häufig verwechselt mit der Verherrlichung des Lebens selber, ja sogar mit der Geistigkeit des Weltgeschehens. Herabgerissen aus der Sphäre der Identität, des Ewigen und Unbedingten, wird der Geist selbst als „Werden“, „Geschichte“, als „élan vital“ verstanden und stellt sich unter dieser Gestalt als Gegenstand einer neuen abergläubischen Religion und Mystik vor.

Die Dinge sind heute auf einem Punkt angelangt, wo für diejenigen, die noch nicht ganz jene antiken Überlieferungen vergessen haben, auf denen unser wahrer Geistesadel beruhte, sich ein Einhalt und eine genaue Rechenschaftsablegung über die Lage unter Beziehung eines überlegenen Gesichtspunktes gebieterisch aufdrängt. Gewiss ist dieses Unternehmen nicht leicht, da heute sogar der den verschiedenen Wertgebilden entsprechende Wortsinn den meisten fast verloren gegangen ist. Es darf die Wahrheit ausgesprochen werden, dass eine gesunde Kultur nicht möglich ist, wo neben dem Prinzip der Aktion nicht das der Kontemplation besteht. Aus diesem Grunde steht die moderne historizistische und aktivistische Kultur, weit davon entfernt, eine höhere privilegierte Kulturform darzustellen, vielmehr wie eine Anomalie vor uns, wie ein scheußliches Wundergebilde in seiner hypertrophischen Einseitigkeit. Im Gegensatz zu so vielen Missdeutungen dieses Begriffes, im Rahmen jeder traditionsgebundenen Auffassung bedeutete „Kontemplation“ keinesfalls Passivität, Ausflucht, Verzicht, Verdrängung der Energie, sondern jenen strengen Weg, auf dem Askese und innere Erhöhung vom „Leben“ zum „Mehr-als-Leben“, von der sinnengebundenen Gegebenheit zu einer „metaphysischen“ Erfahrung hinführt; aus der überindividuelle Prinzipien und Erkenntnisse abgeleitet werden können, die als Grundlage geeignet sind für Verwirklichungen und Umordnungen auch in der Ebene der todverhafteten Natur und der Tathandlung selbst, die nur so einen Bedeutungsgehalt und ein höheres Recht erwerben. Unsere „moderne“ Welt erkennt nur mehr die zeitverhaftete Wirklichkeit an. Jede transzendente Schau gilt ihr als „überwunden“. Der Historismus, jene rückführende Betrachtung aller Dinge unter ihrem bloß zeitlichen, daher untergeordneten Aspekt, gibt als Gewinn aus, was im Grunde nichts weiter darstellt als eine dumpfe Verarmung höherer Möglichkeiten, wie sie von jeder traditionsgebundenen Kultur anerkannt und hierarchisch behauptet worden sind. Auf solche Weise gelangt eine so beschaffene Welt dahin, schließlich nicht einmal den Sinn und tieferen Wert der Tathandlung zu erfassen. Wirklich ist eine Kritik und Auflehnung gegen die kurz umrissene Orientierung der zeitgenössischen Welt nicht im Namen eines Stillstandes um jeden Preis oder intellektualistisch-rationalistischer Abstraktion, sondern nur im Namen der Aktion selbst durchführbar: durch den Nachweis, dass die „moderne“ Welt im Grunde von dem, was wirklich Aktion ist, fast soviel wie nichts mehr weiß. Was sie behauptet und anpreist, ist nur eine untergeordnete und inferiore Form der Aktion. Eben darin liegt die Verwirrung und Gefahr.

Es gibt Handlung und Handlung. Ein gesunder Aktivismus ist zu unterscheiden von einem Aktivismus, der nur Fieber, Exaltation, mittelpunktloser Taumel ist, der weit davon entfernt, von Kraft zu zeugen - wie die vulgäre Auffassung will -, vielmehr nur auf Unfähigkeit und Unvermögen hindeutet. Heute handelt es sich fast durchgehend um diese zweite abwegige Art von Aktivismus. Es ergibt sich daher als Notwendigkeit die Rückkehr zu einer höher gelagerten Auffassung, die das Gleichgewicht wiederherstellen und einen Prozess hemmen soll, dessen zerstörende Konsequenzen schon nur zu deutlich sichtbar sind.

Man hat fast den Sinn dafür verloren, was in den klassischen Überlieferungen die Gegenüberstellung zwischen naturhafter und intelligibler Welt geistig bedeutete. Die Bewegung war für solche Lehre das substanzielle Prinzip der Naturdinge, doch nur als „ewige Flucht der Dinge, die sind und gleichsam nicht sind“ (Plotin), als Unvermögen der Vollendung, des Selbstbesitzes in einer Grenze und in einem Gesetz, der Selbstverwirklichung als vollkommenem Akt. Die „intelligible“ Welt - kosmos noetos - war nicht die Welt der Nicht-Aktion, sondern vielmehr der vollendeten Aktion, jener, die sich der Art der „Natur“ entgegensetzte, insofern sie frei vom Wunsche, von „Entbehrung“, sich selbst genügend war: Als absolute Aktion hat sie in sich selbst ihren Gegenstand und ihren Herrn. Ein übernatürliches, aristokratisches Ideal der Handlung war so die Seele einer derartigen antimodernen Schau, ohne sich jedoch in ihr zu erschöpfen. Wer manche traditionsgebundenen Lehren des arischen Ostens auf sich wirken lässt, wird zum Staunen genötigt gegenüber der Behauptung, dass alles, was Bewegung ist, Aktivität, Werden, Veränderung - dem passiven und weiblichen Prinzip zugehört (symbolisiert im „weiblichen Aspekt“ der Gottheit: Cakti), während dem positiven, männlichen solaren Prinzip (symbolisiert in der männlichen Gottheit Civa oder Purusha) Unbeweglichkeit, Unveränderlichkeit, Identität zukommt. Ebenso wäre für die meisten auch die richtige Bedeutung des Satzes: „Der Weise erkennt in der Tat die Nicht-Tat an und in der Nicht-Tat die wahre Tat“ nicht evident. Dieser Satz meint keineswegs jenen Quietismus und jenes Nirwanatum, womit mangelhaft gebildete Leute den ganzen Orient charakterisieren zu können glauben. Es kommt darin vielmehr das Bewusstsein eines höheren, aristokratischen Tätigkeitsideals zum Ausdruck, demgegenüber die gewöhnliche Tat fast auf den Rang eines Nicht-Handelns verwiesen wird. Der Gedanke an sich ist ziemlich ähnlich dem, was Aristoteles metaphysisch und theologisch mit seiner Lehre vom unbeweglichen Beweger meinte: Was Ursache und tatsächlicher Herr der Bewegung ist, bewegt sich nicht selbst. Er erregt und leitet die Bewegung, weckt die Tat, aber handelt nicht selbst, wird nicht „mitgerissen“ durch die Tathandlung, ist nicht Aktion, sondern eine unbewegliche, durch und durch ruhige, beherrschende Überlegenheit, von der die Aktion ausgeht und abhängt. Daher ist seine mächtige und unsichtbare Herrschaft mit einem aus dem fernsten Osten genommenen Ausdruck ein „Handeln ohne Handeln“ - wei-wu-wei. Angesichts dieses Ideals einer beherrschten Handlung ist derjenige, der aus Schwung, Leidenschaft, Einfühlung, Wünschen und unruhigen Bedürfnissen heraus handelt, kein wirklich Handelnder, sondern schon ein Behandelter. So paradox dieser Ausdruck klingen mag, sein Handeln ist ein passives Handeln. Gegenüber der transzendenten, höher geordneten, königlich kalten, rein bestimmenden, „unbeweglichen“ Art der „Herren der Bewegung“ ist sein Handeln eben dem Weiblichen zu vergleichen: Er bewegt sich, schafft, läuft, aber der Grund, die absolute Ursache seiner Handlung liegt außerhalb seiner selbst, ebenso wie die Frau die ihre Konzeption bedingende, erzeugende Initiative außerhalb ihrer gelegen ist.

Wenn man im Lichte der angedeuteten Unterscheidung zwischen dem Ideal der Aktion und der Nicht-Aktion - sie ist festzustellen in den verschiedensten okzidentalen und orientalen Ausdrucksformen - an den tiefsten Sinn der aktivistischen, dynamistischen, bergsonianischen usw. Lehren herantritt, wie sie heute im Schwange sind, so wird man im Prinzip immer wieder jene passive und untergeordnete Aktionsform vorfinden. Was heute gepriesen wird, ist im allgemeinen nichts anderes als der blinde, instinktive Elan, der zum Gehen antreibt, ohne dass man weiß, warum man geht, ohne dass man die Macht hat, anders zu sein als man ist, sich zu beherrschen, in sich selbst einen Mittelpunkt zu schaffen, eine Grenze, einen absoluten Grund: Handeln um des Handelns willen, aus bloßer Spontaneität heraus, aus unmittelbarer und nie zu erlösender Notwendigkeit, das als das tiefste Gesetz des Lebens, ja sogar des Geistes vorausgesetzt wird. Vielfach läuft sogar das Ganze bloß auf den mehr oder weniger bewussten Willen hinaus, sich zu betäuben und zu zerstreuen, auf eine Unruhe oder einen Lärm, der die Angst verrät vor der großen Stille, vor der innerlichen Abgeschiedenheit, vor dem absoluten Sein der höheren Individualität, während andererseits dadurch die Erhebung des Menschen gegen das Ewige unterstützt wird.

Irgendwer hat richtig die von der modernen Zivilisation gepriesene Art der Bewegung mit der an einem Rad verglichen, die bei größerer Entfernung von Mittelpunkt umso beschleunigter und schwindelerregender wird. Dies entspricht ursächlich der Wahrheit. Plotin hatte uns schon den Begriff jenes Werdens umrissen, das nichts anderes bedeutet als „die ewige Flucht der nicht-seienden Wesen“. Diese Erkenntnis sollte uns als sichere Grundlage für eine geistige Reaktion und Restauration dienen.

Dem Tumult des modernen Lebens, der entfesselten Vielfältigkeit der Kräfte, die es sowohl im Rahmen der Gesellschaftsordnung wie sogar im Bereiche der immer stärker technisch beherrschten Natur hervorgerufen hat, sollten Kräfte der Zentralität entgegenwirken: der Askese, der Befehls-Gewalt, der absoluten Herrschaft, absoluten Individualität, absoluten Schau - Kräfte, die heute schwerer denn je in unserer Umwelt festzustellen sind. Eitle Hoffnung, dass diesem Mangel Abhilfe geschaffen werden kann, solange das Ideal der Aktion in seiner Übermacht vorherrscht und die Aktion immer wieder auf einen einzigen Typ materieller und „passiver“ Tathandlung festgelegt wird, die einem äußeren Antrieb gehorcht und nach außen gerichtet ist; solange keine andere gilt als diese und man die innere Tat, die geheime Tat, die keine Maschinen mehr schafft, keine Banken und Gesellschaften, sondern Menschen, Asketen, freie Wesen, Herrscher über ihre eigenen Seelen, entbunden jenes Durstes, nicht für Tat hält, sondern für Entsagung, Abstraktion, Zeitverlust.

Solange das Wertekriterium so verstanden wird, solange man einerseits damit fortfährt, jene Aktion zu verherrlichen, die nichts weiter ist als passionsgebundene Handlung, ungeregelter „Lebensschwung“, Irrationalität eines unaufhaltsamen Werdens, Freude an der Spannung und dem Streben, demgegenüber das Erreichen, die exakte und ruhige Erfüllung und Lösung als schlimmstes Unglück gilt, als Tod des Lebens (keinen anderen Sinn haben „romantische“ Lehren wie die von Herder und Schlegel oder die „faustische“ Lebensauffassung eines Oswald Spengler); solange man andererseits auch weiterhin jedes Interesse erstickt, das nicht auf materielle Ziele, auf „soziale“ und quantitative statt qualitative Verwirklichungen ausgerichtet ist - solange die genannten hemmenden Bedingungen wirksam bleiben, ist nichts Besseres zu erwarten als ein atemloser Taumel, der immer weiter abtreibt von jedem Mittelpunkt, von jedem Bedeutungsgehalt, von jeder Kontrolle außer jener, die durch die wechselseitige Abhängigkeit als Teile eines ungeheuerlichen Räderwerks, in dem der einzelne nichts mehr vermag, bedingt ist.

Eben diesem Ziel sehen wir, wie bereits angedeutet, die amerikanische Zivilisation zustreben; nicht sehr verschieden davon ist das Sowjetideal, das der geschichtsbeherrschenden Persönlichkeit jede Rolle abspricht, um desto mehr die automatische Entwicklung des mechanisierten, allmächtigen „Kollektivmenschen“ als Aufgabe anzupreisen. Damit wird die technisch-aktivistische Ausrichtung der „modernen“ Welt ad absurdum geführt, sobald sie die traditionsgebundenen Ideale begraben hat. Wenn es auch unmöglich ist, an den Leistungen dieser Zivilisation vorüberzugehen, so ist doch ihr wirklich barbarischer, fast ahrimanisch zu nennender Aspekt ebenso unverkennbar. Die durch solche Taten geschaffenen stolzen Tempel stehen leer von Göttern; niemals werden die Götter zu ihnen herabsteigen, wenn man sich nicht zu einer Reaktion entschließt, zu einer Neuausrichtung von Menschen einer neuen Generation zu einer anderen Lebensanschauung.

Wenn die „moderne Welt“ in ihrem passiven Aktivismus, in ihrem fieberhaften Lauf von Verdurstenden oder Verfolgten im Grunde nichts anderes verwirklicht als die letzten Konsequenzen der Romantik (die ihrerseits nach vieler Hinsicht die letzte Erscheinungsform des semitischen Messianismus darstellt), so kann ein neues Gleichgewicht, das die Aktion nicht auslöscht, sondern integriert, zentralisiert, zu sonnenhafter Tätigkeit erhebt, nur im Sinne einer Wiederherstellung der klassischen Erfahrung (im weiteren Sinne dieses Wortes) erzielt werden. Es gilt, uns wieder auf die „olympische“ Komponente zu besinnen, wie sie allen großen Traditionen der leuchtenden arischen Geistigkeit zu Eigen war.

Für den romantischen Menschen ist das „Unendliche“ der Wert, die „Grenze“, das Übel. Der klassische Mensch erblickte dagegen im Unendlichen - apeiron - das Übel, insofern er in ihm das Unbestimmte sah, das Chaos ist und noch nicht Kosmos: sei es in sich selbst, im unbeherrschten Tumult der Leidenschaften und Sinneseindrücke - sei es außerhalb seiner, im unbestimmten Werden der Dinge und Wesen, die eingebettet in den Zeitstrom „sind und nicht sind“. Die Grenze - péras - wurde dagegen als absolute Vollendung verstanden, als Herrschaft des Ethos über das Pathos, als Zeichen einer Macht, die fähig ist, über sich selbst hinaus zu transzendieren, sich zu bezwingen, sich Form und absolutes Gesetz zu geben, um so in asketischer oder heroischer Klarheit sich einer der „Überwelt“ eigenen Seinsweise anzunähern. Grenze ist für den klassischen Menschen Vollendung, Ziel, Werk, höchster Typ der Geistigkeit, wie sie uns z.B. aus der ruhevollen und mächtigen Linearität des dorischen Stils anspricht, in den Verbildlichungen solarer und astraler Art der arischen Mythen symbolhaft zutage tritt.

Vorstehende Ausführungen konnten diesen weitverzweigten Gegenstand nur berühren. Immerhin glauben wir den positiven Bezugspunkt gegen die Gefahren des modernen Aktivismus aufgezeigt zu haben. Was uns heute Not tut, ist das Ideal eines neuen Klassizismus der Aktion und der Herrschaft, durchseelt von einem neuen Durchbruch des Übernatürlichen, diszipliniert von den Werten männlicher Askese und aristokratischer Überlegenheit über das einfache „Leben“. So werden langsam neue Mittelpunkte heranreifen, neue Qualitäten und Persönlichkeiten - neu nur, weil sie „traditionell“ im tiefsten und lebensvollsten Sinne dieses Wortes sind -, vor denen, aus einem fast schicksalhaften Naturgesetz heraus, die mittelpunktslosen Mächte in einer besseren Zukunft sich gehorsam beugen werden, jene Mächte ohne Antlitz und ohne Leuchtkraft, die in diesen Endzeiten auf uns losgelassen worden sind.

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