Politische Theorie

 

Wilhelm Korn:

Die sozialistische Nation

 

Vorbemerkung: Nachfolgender Aufsatz wurde von dem zur KPD gewechselten NS-Funktionär Wilhelm Korn, einem ehemaligen Parteigänger Otto Strassers, im nationalkommunistischen „Aufbruch“ vom Dezember 1931 veröffentlicht. Korn stellt hier kurz und bündig das Verhältnis des Kommunismus zur Nation dar. Wir geben seine Worte geringfügig korrigiert und gekürzt wieder – die Ausführungen sollten für sich sprechen und selbst den denkfaulsten Leser einmal ins Grübeln bringen. Den Begriff „Proletariat“ braucht man hierbei nur durch „die ausgebeutete Bevölkerungsmehrheit“ ersetzen - im Zeitalter der Globalisierung wohl das weitaus modernere revolutionäre Subjekt! Des Weiteren sollte man „Kommunismus“ nicht zwingend mit den bedauernswerten ideologischen Zustand weiter – jedoch nicht aller! - Teile der gegenwärtigen „Linken“ assoziieren. Wir verwerfen eine antinationale „Linke“ ebenso als Fehlentwicklung, wie wir eine nicht rückhaltlos sozialistische „Rechte“ verwerfen. --- Richard Schapke, im März 2003

 

Der Nationalismus aller Richtungen, sofern er überhaupt theoretisch unterbaut ist, unternimmt den abwegigen Versuch, der Nation einen neuen geistigen Inhalt zu geben, ohne die Voraussetzung anzuerkennen, die allein eine grundlegende Änderung des Bewusstseins der Massen erzeugen kann:

Die Änderung der materiellen Basis der Nation.

Die Nation ist ohne ihre materielle Basis nicht vorstellbar. Das Verhältnis der Menschen, die ein Volk ausmachen, zur materiellen Basis ihres Lebens bestimmt das Gesicht der Nation. Wir erkennen daher in der Geschichte durchaus das Bestehen von Nationen und das Bestehen einer deutschen Nation an, indem wir sie gleichzeitig kennzeichnen. Wir sagen:

Die bisherigen Nationen tragen immer das Gesicht ihrer herrschenden Klasse.

Die bisherigen Nationen tragen stets das Gesicht einer besitzenden Minderheit – das Gesicht der herrschenden Klasse, da die herrschende Klasse die materielle Basis der Nation besitzt, und durch diesen Besitz die große Mehrheit beherrscht und unterdrückt. Solange es Klassen gibt, wird die Nation das Gesicht der herrschenden Klasse tragen.

In dem Augenblick aber, in dem das Proletariat zur herrschenden Klasse wird, wird erstmalig in der Geschichte der Nation ihr Gesicht nicht mehr von der Minderheit, sondern von der großen Mehrheit des Volkes bestimmt.

Es kommt daher bei der Änderung des Bewusstseins nicht darauf an, Bewusstseinsverlagerungen im Rahmen der bisherigen Gesellschaftsordnung herbeizuführen, sondern aufgrund grundlegend veränderter materieller Basis ein neues Bewusstsein zu schaffen. Das kann nur die Aufgabe des Kommunismus sein; denn wie der Kommunismus die Lehre von der Befreiung des Proletariats ist, so ist er die Lehre von der Befreiung der Nationen.

Die Gegner des Kommunismus versuchen nun zwischen der internationalen Verbundenheit des Proletariats und den kommunistischen Parolen zur Befreiung der Nation einen Gegensatz festzustellen. Die Kommunisten wollen allerdings nicht die bürgerliche Nation befreien. Die Zertrümmerung des Kapitalismus ist auch die Zertrümmerung der bürgerlichen Nation. Der Kommunismus, der sich nicht auf Utopien, sondern auf den Realitäten der Geschichte aufbaut, erkennt aber das historische Werden der Nation an. Er kämpft gegen die Unterdrückung der einen Nation durch die andere, wie er gegen die Unterdrückung der Menschen durch Menschen überhaupt kämpft. Er führt diesen Kampf, indem er die Voraussetzung zur inneren und äußeren Befreiung der Nation schafft. Wir wissen:

Die Ungleichheit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, dass der Sieg des Sozialismus ursprünglich in wenigen oder sogar in einem einzelnen kapitalistischen Lande möglich ist.“ Lenin

Daher ist es für den revolutionären Marxismus-Leninismus selbstverständlich, dass er mit der Entwicklung sozialistischer Nationen rechnet. Das nachfolgende Leninzitat spricht das nochmals ganz klar aus:

Sicherung und Unterstützung der Entwicklung der nationalen Kulturen der vom Kapitalismus befreiten Nationen mit allen Kräften und Mitteln des Rätestaates, bei folgerichtiger proletarischer Gestaltung des Inhaltes dieser Kulturen.“ Lenin, Nationale Frage

Die Nation wird in einem neuen Sinne auf dem Boden des Sozialismus konstituiert. Indem die Nation ihren Klassencharakter verliert, verbindet sie sich mit dem Denken der Massen, und indem sie sich mit dem Denken der Massen verbindet, hebt sie die innere und äußere Gegensätzlichkeit auf und wird in der Tat zur sozialistischen Nation. (…)

So entwickelt sich die sozialistische Nation und bringt den Beweis dafür, dass nur der Kommunismus ein Recht hat, im Namen der Nation zu sprechen.

 

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