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Konservative Publizistik
Neurechte Fahnenflucht
Die Junge Freiheit besteht seit 1986 und seit 1994 als Wochenzeitung
Verlag, Redaktion und Leser des konservativen Blattes Junge Freiheit (JF) feiern demn�chst zehnj�hriges Bestehen als Wochenzeitung. Chefredakteur des Erfolgsprojektes ist Dieter Stein, der die Geschicke der JF seit Gr�ndung als Sch�lerzeitung im Jahre 1986 - zun�chst in Freiburg - leitet, und sie seit 1994 - zun�chst in Potsdam und dann in Berlin - als Wochenzeitung ausgebaut hat. Die JF gilt Freund und Feind mittlerweile zu Recht als konservative Qualit�tszeitung, die auf hohem Niveau eine breite Themenplatte abdeckt.
J�rgen Schwab
Bislang unerreichbar in der nationalen und konservativen Publizistik ist die Berichterstattung im JF-Kulturteil. Was jedoch vielen nationalen Lesern immer wieder bitter aufst��t, ist die am rechten Rand der Unionsparteien orientierte Berichterstattung und Kommentierung im politischen Ressort der JF. Das mag aber auch damit zusammenh�ngen, da� es im Nachkriegsdeutschland - von den Anfangsjahrzehnten einmal abgesehen - kein starkes politisches Lager gibt, das sich um eine authentisch nationalkonservative bzw. nationalliberale Partei scharen k�nnte, wie in �sterreich AULA und Zur Zeit im Vorfeld der urspr�nglich nationalliberalen FP�. Bei CDU und CSU freilich handelt es sich in erster Linie um die Erben des politischen Katholizismus in Deutschland.
Neuerdings hat Dieter Stein ein Problem mit dem Begriff der „Neuen Rechten“. Was einst als erstrebenswert, weil avantgardistisch und schick galt, ist f�r Stein mittlerweile der Inbegriff des Anr�chigen. Da Begriffe zumeist offen und widerspr�chlich deutbar sind und �ber die Definitionshoheit nat�rlich nicht ein Blatt verf�gt, von dem w�chentlich gerade mal 12.000 Exemplare verkauft werden[1], hat sich der Begriffsinhalt von „Neue Rechte“ im Laufe der Jahre gewandelt. Schuld daran scheint alleine der NRW-Verfassungsschutz zu sein. Glaubt man einer Brosch�re dieser Beh�rde[2], so sitzt Dieter Stein in einem Boot mit so verruchten Leuten wie Pierre Krebs, Horst Mahler, Reinhold Oberlercher, Hans-Dietrich Sander und dem Verfasser dieser Zeilen. Eine solche Rufsch�digung kann Stein nat�rlich nicht auf sich sitzen lassen!
Anfang der neunziger Jahren war f�r den JF-Chefredakteur die Welt noch in Ordnung, denn da wurde unter „Neue Rechte“ das wenige verstanden, was sich als Wortkombination aus� „intellektuell“ und „rechts“ auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen lie�. Als Vorbild galt die franz�sische Nouvelle Droite um Alain de Benoist, der sich selbst eine gewisse Zeit lang (1979-1980) so verortete, und der bis heute regelm��ig in der JF publiziert, sogar B�cher im JF-Verlag ver�ffentlicht. Als Negativfolie der deutschen Neuen Rechten galt eine Alte Rechte, die in der Summe als r�ckw�rtsgewandt und geistig unterbelichtet galt. Vor allem war die Neue Rechte bestrebt, sich von der NS-Vergangenheit abzugrenzen, f�r die dann - als Gegenpol - die Alte Rechte zust�ndig gewesen war. Nebenbei bemerkt: Das Lieblingsthemen der Alten Rechten, den historischen Revisionismus, hat unl�ngst der ehemalige Linksterrorist Horst Mahler �bernommen. So k�nnen sich die B�rgerkriegsfronten verschieben.
Die Neue Rechte war ebenso bestrebt, Anschlu� an den etablierten Diskurs der BRD zu finden, an den rechten Rand der Unionsparteien und der b�rgerlichen Presse und entsprechende Buchverlage. Hierzu mu�te auch die unbedingte Trennung von einer Fundamentalkritik am BRD-System vollzogen werden, damit sich Lehrer, Universit�tsprofessoren, konservative Lizenzjournalisten, b�rgerliche Verleger, Parlamentarier von CDU/CSU und FDP in das Spektrum dieser Neuen Rechten einbeziehen lie�en. Dieser Personenkreis, der auf seine gesellschaftliche Reputation schon rein materiell angewiesen ist, verhie� f�r Stein & Co. eine gewisse Schutzfunktion gegen�ber publizistischen Kampagnen von Antifa und linken Gutmenschen sowie vor Stigmatisierung durch Nennung in den sogenannten Verfassungsschutzberichten.
Gleichzeitig versuchte die Neue Rechte eine gewagte Doppelstrategie: Neben der Anpassungsnotwendigkeit zur Einbindung b�rgerlicher Kreise mu�te die traditionelle nationalkonservative Rechte bei der Stange gehalten werden - gerade auch als Abonnenten der JF. Als intellektueller Kitt diente hierf�r die Bezugnahme auf die „Konservative Revolution“ (KR) der Zwischenkriegszeit. In den neunziger Jahren warb die JF noch unter der Parole „Jedes Abo eine konservative Revolution“. Dieter Stein stoppte diese Werbekampagne erst, als der NRW-„Verfassungsschutz“ v�llig zurecht darauf hinwies, da� die einstigen Vordenker der KR allesamt vehemente Gegner der sogenannten parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik gewesen waren.
Wer im realexistierenden Gro�westdeutschland auf solche geistigen Quellen Bezug nimmt, gilt diversen VS-�mtern als „rechtsextremistisch“. Deshalb findet seit 1994[3] die JF im NRW-Bericht Erw�hnung unter der Rubrik „Rechtsextremismus“. Freilich stie� dabei Steins voraus- und nacheilender Gehorsam ins Leere, sich von s�mtlichen „rechtsextremistischen“ Relikten zu trennen: von den Redakteuren Hans-Ulrich Kopp und Andreas Molau ebenso wie von bundesweiten Leserkreisen, der JF-Sommeruniversit�t und der Anzeigenkampagne „Jedes Abo eine konservative Revolution“. Viele nationalkonservative Sympathisanten werteten damals dieses Kursman�ver als geistige Fahnenflucht.
Seit 1996 f�hrt Stein einen juristischen Kampf gegen die Etikettierung seiner JF als „rechtsextremistisch“ wie Don Quichotte seinen gegen die Windm�hlen. Weil er den systemimmanenten Kampf doch noch gewinnen m�chte, bedient sich Stein konsequent der vom System vorgegebenen Begriffe. F�r ihn gilt es nun zu beweisen, da� die JF nicht „rechtsextremistisch“ ist, was nur in Abgrenzung gegen�ber den „wirklichen Rechtsextremisten“ gelingen kann. Da sich die JF am rechten Rande der Unionsparteien positionieren m�chte, liegt es nahe, da� sich Stein bei seiner Leugnung des Begriffs „Neue Rechte“ auf einen VS-Bericht bezieht, der im CDU-regierten Land Sachsen erscheint. Darin hei�t es: „Mit ihm [dem Begriff der ‚Neuen Rechten’] werden sowohl die Intellektualisierung des Rechtsextremismus als auch Vertreter demokratischer konservativer Position in Verbindung gebracht. Wegen der Unsch�rfe eignet sich der Begriff nicht f�r die Arbeit der Verfassungsschutzbeh�rden.“[4]
Der Begriff eignet sich schon deshalb nicht, weil er Unionskonservativen und Neuen Rechten gemeinsam als Waffe der politischen Linken gilt. Somit ist der Begriff der „Neuen Rechten“ - objektiv betrachtet - ein Instrument des geistigen B�rgerkriegs in der BRD geworden. Er wird nur von (rechten) Bef�rwortern und (linken) Gegnern anders verwendet.
W�hrend Stein so tut, als sei der Begriff der „Neuen Rechten“ ein vom NRW-VS geschaffenes „Instrument“[5] bzw. ein „Popanz“[6], f�r den er selbst keine Verantwortung trage, so widerspricht ihm konsequent Karlheinz Wei�mann, der bereits 1994 - unwidersprochen - in einem auch in gedruckter Form vorliegenden Karlsruher Vortrag unter mehreren Facetten einer „Neuen Rechten“ die JF unter die Rubrik der „Jungkonservativen“ stellte[7], also der Tradition von Autoren zuordnete, die in der Zwischenkriegszeit unter „Jungkonservative“ firmierten. Das waren Autoren wie Edgar Julius Jung, der in seinem legend�ren Buch Die Herrschaft der Minderwertigen (1927) Ideen und Vertreter von Liberalismus und Parlamentarismus als insgesamt verachtenswert gei�elte. W�rde ein Edgar Julius Jung heute publizieren, so k�nnte er einer regelm��igen Erw�hnung im NRW-VS-Bericht gewi� sein. [Entfernung eines Satzes!] W�rde dieser Autor heute Manuskripte bei Dieter Stein zur Ver�ffentlichung vorlegen, so m��te der JF-Chefredakteur diese Texte seinen Lesern vorenthalten, um nicht den Verdacht des „Rechtsextremismus“ weiter zu n�hren.
Freilich grenzt auch Karlheinz Wei�mann innerhalb des Begriffsfeldes „Neue Rechte“ die Guten von den B�sen ab. Als letztere gelten ihm die „Neo-Nationalisten“, als Prototyp Hans-Dietrich Sander. Die Abgrenzung vollzieht Wei�mann in einer neueren Schrift des von ihm und G�tz Kubitschek geleiteten „Instituts f�r Staatspolitik“: „Er [Hans-Dietrich Sander] hat lange die Grenze �berschritten, die die Konservativen normalerweise von der Fundamentalkritik an der parlamentarischen Demokratie zur�ckh�lt [...].“[8]�
Da diese Fundamentalkritik am Parlamentarismus heute unter den Augen des VS als „rechtsextremistisch“ gilt, ist die gesamte KR und gerade auch in dieser Tradition das Werk des Parlamentarismuskritikers Carl Schmitt f�r die Neue Rechten zum Sorgenkind geworden. Es ist deshalb die Aufgabe des Neuen Nationalismus, dieses Erbe im wirklich konservativen Sinne weiter zu bewahren und vor allem f�r revolution�re Politik fruchtbar zu machen.