Politische Theorie

 

Zur Person Jürgen Schwab:

 

Gespräch mit der Zeitschrift "Herrenhaupt"

 

Das Herrenhaupt: Sehr geehrter Herr Schwab, sie sind Leiter des Arbeitskreises Volk und Staat beim NPD-Parteivorstand. Können Sie uns kurz das Zustandekommen des staatspolitischen Positionspapiers Ihres Arbeitskreises skizzieren?

Jürgen Schwab: Zunächst einmal möchte ich klarstellen, daß ich hier nur für mich selbst spreche und für kein Gremium - also für keinen Vorstand oder Arbeitskreis und dergleichen.

Der Politikwissenschaftler Bernard Willms meinte, daß jede politische Theorie beim Individuum beginne und beim Staat ende. Die NPD hatte sich bisher keine grundlegenden Gedanken zum Thema "Staat" gemacht, weshalb sie auch bisher über keine politische Theorie verfügte. Mit der vorliegenden Broschüre soll ein notwendiger Anfang gemacht werden, diese Lücke zu schließen.

Anlaß war auch das Verbotsverfahren der herrschenden politischen Klasse der BRD gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht. Dabei wurden im wesentlichen zwei "Gründe" angeführt: Zum einen die "rechte Gewalt", für welche die NPD angeblich verantwortlich sei - wobei sicherlich mehr "rechte" Straftaten dem "Verfassungsschutz" zuzuschreiben sind als den Nationaldemokraten -; zum anderen aber soll die NPD verboten werden, weil sie sich für eine "Neue Ordnung" ausspricht. Interessant dabei ist, daß sämtliche Feinde der NPD zu berichten wußten, was sie nun unter "Neuer Ordnung" der NPD zu verstehen haben - die NPD aber selber, vor allem der Parteivorstand, wußte es nicht. Manche in diesem Gremium wissen es heute immer noch nicht.

Man hat seit 1996 einen auf radikal gemacht, den Mund sehr voll genommen, jedoch den hohen "revolutionären" Anspruch nicht begrifflich abzusichern gewußt. Das hängt sicherlich in erster Linie mit dem Anti-Intellektualismus, der Denk- und Theoriefaulheit der Rechten zusammen, zum Teil aber auch mit totaler Selbstüberschätzung. Leute, die in Sachen politischer Theorie nichts, absolut nichts wissen, fühlen sich zum Kampf um die Köpfe berufen.

Als Leiter des Arbeitskreises "Volk und Staat" soll ich nun mit meinen Mitstreitern dafür Sorge tragen, daß das politische Denken in der NPD ernsthaft beginnt und die Ergebnisse schriftlich fixiert werden. Das fängt beim Begriff an, ohne den Politik, auch Realpolitik nicht begreifbar ist. Somit wird auch der Agitationsspielraum für die bürgerliche Reaktion, aber auch für NS-Nostalgiker kleiner, die bisher eine politische Theoriebildung verhindert haben. Außer langatmiges Geschwätz und starken, aber inhaltsleeren Sprüchen ist aus der Richtung noch nichts gekommen.  

Das Herrenhaupt: Inwieweit hat die Verbotshysterie, die einige Parteifunktionäre erfaßt hat, die Feder geführt?

Jürgen Schwab: Als das Verbotsgeschrei erst losgebrochen war, hatten einige in der Führungsebene die Hosen gestrichen voll, die sich vorher mit starken Sprüchen gegenseitig überboten hatten, so daß der Arbeitskreis mit angezogener Handbremse beginnen mußte. Stand in meinem ursprünglichen Papier in etwa: "Das System muß ersetzt werden", so wurde daraus "das System muß reformiert bzw. verbessert werden". Diese Kröten mußten geschluckt werden, um wenigstens in einem ersten Anlauf das Glas der politischen Theorie, das vollständig leer war, zumindest zur Hälfte anzufüllen. Liest man die Broschüre, vor allem die verhaltenen Formulierungen gegenüber dem System, so kann man als Fundamentaloppositioneller nicht ganz zufrieden sein.

Zufrieden müssen wir aber sein, weil wir es mit dieser halben Lösung geschafft haben, die Reaktion in der Partei und ihre vielen Mitläufer und die "revolutionären" Umfaller in ihre Schranken zu weisen. Diesen Sieg über die Reaktion konnten wir nicht, wie die RPF meinte, über die Straße gewinnen, sondern mit dem politischen Begriff, da es der Reaktion hier an Substanz fehlt.

Wichtig war auch, den ursprünglichen peinlichen Entwurf des Leitantrages des Parteivorstandes für den zurückliegenden Parteitag so zu verändern, so daß nun der Weg für das neue Ordnungsdenken frei ist. In diesem war die Rede von "Grundrechten", die man uneingeschränkt befürworte - somit auch, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein sollen (Artikel 3 GG). Das Grundgesetz selbst wurde als letzte Bastion nationaler deutscher Souveränität gedeutet, so als ob die Ereignisse um und nach dem 8. Mai 1945 nie stattgefunden hätten. Aus nationaler Sicht ist das natürlich ehrlos und schandhaft.

Daß die NPD letztendlich der Versuchung der Anbiederung widerstanden hatte, ist vor allem Horst Mahler zu verdanken. 

Das Herrenhaupt: Sie legen großen Wert auf die Volkssouveränität, wollen aber gleich zu Anfang ebenjenem Volk "den Wert des demokratischen und sozialen Bundesstaates anschaulich vermitteln". Gesetzt den Fall, das deutsche Volk hält den demo-sozialen Bundesstaat für Müll und hätte stattdessen lieber einen nationalsozialistischen Führerstaat oder eine Zentralverwaltungswirtschaft sowjetischen Typs. Würden Sie und Ihre Partei diese Entscheidung des Souveräns akzeptieren?

Jürgen Schwab: Ich selbst würde diese Entscheidung als Nationaldemokrat natürlich akzeptieren, da dies in jedem Falle der Volkssouveränität entsprechen würde - auch wenn das Volk seine ursprüngliche Souveränität auf den Staat, eine Partei oder Kirche überträgt. Auch wäre eine Diktatur, souverän wie kommissarisch, für mich denkbar, um - beispielsweise vom Volk beauftragt - einen genau definierten Problemkreis, wie die Verausländerung, zu lösen. Demokratie und Diktatur sind ja keine dichotomischen Widersprüche, sondern können gut miteinander harmonieren. Ein gewisser Cäsarismus hat mich immer schon fasziniert.

Demokratie im klassischen Sinne von Volksherrschaft ist für mich wichtig, um die Identität von Regierten und Regierenden zu erreichen, jedoch sollte ein Staat zwar direkt-demokratische Elemente enthalten, nicht aber ausschließlich demokratisch strukturiert sein. Im Sinne von Aristoteles wäre eine gemischte Verfassung anzustreben, in der - in klassischer Definition - die Monarchie (Alleinherrschaft), die Aristokratie (Herrschaft der Besten) und die Demokratie (Mitbestimmung aller Staatsbürger) in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden sollen.

Heute jedoch ist "Demokratie" eine heilige Kuh - auch für die "verfassungstreue Rechte". Jeder Idiot ist heute "Demokrat". Das ist richtig widerlich. Mich kotzt das an!

Dabei wird fälschlicherweise Demokratie mit Liberalismus gleichgesetzt. Bei der BRD jedoch handelt es sich nicht um eine Demokratie, sondern um eine Oligarchie - gepaart mit ochlokratischen Tendenzen, was heißen soll, daß das "Große Geld" (Horst Mahler), unterstützt vom medialen Pöbel, herrscht. Nicht Volkes Meinung mündet in Regierungsentscheidung, sondern die dicksten Geldkoffer - Wolfgang Schäuble läßt grüßen - bestimmen die Politik. Zum demokratischen Schein hat man dann das allgemeine und gleiche Wahlrecht.

Das Herrenhaupt: Wie läßt sich denn der Wille des Souveräns im Zeitalter der Massenmedien überhaupt neutral ermitteln? Ist es nicht so, daß unsere lieben Deutschen mit den Fingern essen würden, wenn Ihnen durch eine Medienkampagne die Schädlichkeit von Bestecken eingeredet würde?

Jürgen Schwab: Das ist zwar grundsätzlich richtig, doch zu reaktionär gedacht: Hier das manipulierbare Volk, dort der weise und über allen Dingen stehende autokratische Herrscher. Sowohl eine große als auch eine kleine Zahl an Menschen wie auch ein Alleinherrscher sind möglicherweise manipulierbar und vor Fehlentscheidungen nicht gefeit. Ich habe bereits dargelegt, daß ich ein ausschließlich demokratisches Staatswesen ablehne - Demokratie immer verstanden als direkte Demokratie im Sinne von Jean-Jacques Rousseau, der Demokratie für nicht repräsentierbar hielt.

Volksherrschaft benötigt immer eine Bildungselite, von der das Volk geistig geführt wird. Bildung immer verstanden im deutschen und europäischen Geiste. In der BRD gilt nach wie vor die Losung des Predigers der "Frankfurter Schule" Theodor W. Adorno: "Das Ganze ist das Unwahre", während Aristoteles wußte, daß das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Es gilt heute wieder anzuknüpfen an die Denker der europäischen Antike, aber auch an die Staatsphilosophie der frühen Neuzeit und des deutschen Idealismus. Um nur vier Namen zu nennen: An Niccolò Machiavelli, Jean Bodin, Thomas Hobbes und Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Nur im Rahmen dieses Kontextes ist die Mitwirkung des gesamten Volkes im Sinne von Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Ludwig Jahn sinnvoll. Eine dumpfe Masse hingegen würde sich von jedem führen lassen - wie wir es heute ja in der BRD mustergültig erleben. Hier sind die parlamentarischen Geldkoffer (innenpolitisch) und die alliierten Sieger (außenpolitisch) nach wie vor souverän.

Das Herrenhaupt: Quintessenz Ihrer Systemkritik ist die Einführung von Volksentscheiden, die Direktwahl des Präsidenten und eine gewisse Zurückdrängung des Parlaments (als dessen Aufgabe sie aber sogar die Gesetzgebung ansehen). Besteht Ihre Radikalität gegenüber dem CDU-Stahlhelmflügel nur darin, daß Sie nicht nur zur Adenauerzeit, sondern gleich in die Weimarer Republik zurückwollen?

Jürgen Schwab: Vieles Richtige konnte in der Broschüre nur angedeutet werden. Immer noch wäre - nach unserer vorläufigen Definition - der schädliche Einfluß des Parlaments zu groß. Unser Ordnungsdenken orientiert sich in der jetzigen Phase noch zu sehr am Grundgesetz. Das sehen Sie schon daran - wie Sie zurecht kritisieren -, daß wir an den Institutionen und Bezeichnungen desselben festhalten. Diesen Mangel müssen Sie der Verbotshysterie zuschreiben. Natürlich gehört zu einem Systemwechsel dreierlei: Erstens eine geistige Neuorientierung, wie ich sie bereits skizziert habe, zweitens ein völliger Austausch der politischen Elite und drittens ein radikaler Austausch der Institutionen. Für alle drei Prinzipien fehlen uns heute noch die Voraussetzungen - vor allem die "nationale Intelligenz" (Reinhold Oberlercher), welche nicht nur die Personen austauschen möchte, um selbst an die Futterträge zu gelangen, sondern - wie es der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim richtig erkannt hat - die Institutionen der BRD als Grundübel erkennt. Daran müssen wir arbeiten - innerhalb wie außerhalb der NPD. Die NPD ist dabei nicht als "Gartenlaube" mißzuverstehen, wie dies Horst Mahler richtig erkannt hat, sondern als Speerspitze für eine Neue Ordnung. Revolutionen sind eine Sache von handlungsfähigen Minderheiten. Dazu brauche ich Köpfe. Diesen muß ich jedoch die Neue Ordnung des Neuen Nationalismus erklären können als Alternative zur BRD-Oligarchie.

Das Herrenhaupt: Wie wird die weitere Arbeit des Arbeitskreises "Volk und Staat" aussehen? Wird es weitere Arbeitssitzungen geben und werden noch Mitarbeiter gebraucht?

Jürgen Schwab: Wer sich selbst als Mitglied anbietet, schließt sich von vornherein selber aus. Wir benötigen ausschließlich Mitstreiter, welche auf den Gebieten der politischen Theorie und Systemlehre, Staatsrecht, Philosophie und Geschichte Referenzen vorzuweisen haben. Auch hier muß sich der elitäre Grundsatz bewahrheiten, daß Kunst von Können und nicht von Wollen herrührt. Mitglieder werden also ausschließlich von Dritten empfohlen und vom Arbeitskreis in Abstimmung mit dem Parteivorstand berufen. Anders sieht es mit einer losen Mitarbeit aus. Natürlich kann auch jeder Interessierte, ob mit oder ohne Parteiausweis, Kritik und Besserungsvorschläge, auch im Hinblick auf die neue Broschüre, an den Arbeitskreis richten.

 

Zur Person: Jürgen Schwab, geboren 1967 in Miltenberg/Main, Diplom-Germanist und Publizist, studierte deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Kommunikations- und Politikwissenschaft an der Universität Bamberg. Seine Diplom-Arbeit schrieb er über das Thema: "Eine Zensur findet nicht statt? - Die Einschränkung der Kommunikationsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland". Aus seiner Feder stammen die Bücher: "Die Meinungsdiktatur - wie ´demokratische` Zensoren die Freiheit beschneiden" (Coburg 1997); "Deutsche Bausteine - Grundlagen nationaler Politik" (Stuttgart 1999). Er ist Mitherausgeber von "1848 - Erbe und Auftrag" (Graz 1998). Außerdem erschien von ihm die Schrift: "Martin Walser - ein Grenzgänger im geistigen Bürgerkrieg" (Hamburg 1999). Jürgen Schwab ist Burschenschafter und Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD).

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