Politische Theorie

 

Volk, Nation und Staat - Brief an einen Burschenschafter


Mein lieber Verbandsbruder S...,

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Im Hinblick auf Volk, Nation und Nationalstaat besteht zwischen uns beiden keine Meinungsverschiedenheit, allenfalls habe ich mich in meinem Vortrag „Die Deutsche Burschenschaft - zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ undeutlich ausgedrückt. Manchmal weiß man ja ganz genau, was man meint und merkt nicht, daß es beim Publikum nicht richtig ankommt. Deshalb ist Ihr Einwand hier sicherlich sinnvoll.

Zu meinem Begriffsverständnis: Der Nationalismus als politische Idee und Bewegung geht vom Volk aus, das der Gegenstand seines Interesses ist. Das Volk können wir aus der Natur bzw. aus der Evolution her verstehen (die Verschiedenheit der Völker); gelangt das Volk über Bewußtseinsbildung zu einem kollektiven Willen, nennen wir dies Nation. Zwischenbemerkung: Sowohl bei Volk als auch bei Nation handelt es sich um Abstammungsgemeinschaften (entgegen dem irreführenden französischen bzw. angloamerikanischen Begriff von „Nation“: reine Willens- bzw. Bekenntnisgemeinschaft).

Der rein etymologische Unterschied liegt nur darin, daß der eine Begriff (Volk) dem Germanischen bzw. Deutschen entspringt, der andere (Nation) dem Lateinischen. Der feine inhaltliche Unterschied liegt in dem - geistesgeschichtlich überlieferten - Bedeutungsgehalt der beiden Begriffe; wie oben erläutert: Volk (Natur), Nation (Natur + Geist). Wenn sich nun der kollektive Wille der Nation organisatorisch manifestiert, sprechen wir vom Staat bzw. vom Nationalstaat (Natur + Geist + Organisation).

Das verhält sich wie die russische Puppe: Das Volk ist in der Nation enthalten, die Nation im Nationalstaat. Es handelt sich um ein und denselben Gegenstand, nur in anderer Erscheinungsform (wie das Wasser fest, gasförmig, flüssig ist). Der Staat besteht auch - entgegen dem Mißverständnis mancher nationaler Naturalisten - nicht nur in seinen materiellen Organen (die man sehen und anfassen kann): Ämter, Einrichtungen und Personen, sondern der Staat ist zunächst der - geistig bedingte - organisierte Wille eines Volkes an sich.

Ein schöner, funktionierender Staat, kann für den Nationalismus (der Burschenschafter gehört traditionell zu dieser Bewegung) nicht Selbstzweck sein. Daran darf kein Zweifel bestehen.
Womit ich aber Probleme habe, ist die Auffassung bestimmter geistfeindlicher ‘Völkischer’, die meinen, es komme nur auf das Volk an, der Staat sei völlig unwichtig. Diese Auffassung ist mir öfter schon bei Burschenschaftern begegnet. Und es gibt gerade in unserer heutigen Zeit nichts gefährlicheres als die Trennung von Volk und Staat!

Denn wenn das Volk zwar (noch) in der Natur besteht, aber nicht mehr fähig bzw. willens ist, sich einen souveränen Nationalstaat zu schaffen, müßte die Frage lauten: Wie lange kann dieses Volk noch Bestand haben? Dann kommen die reinen ‘Naturalisten’ daher, die zwar viel von ‘Idealen’ reden, aber den anstrengenden ‘Idealismus’ meiden, und betreiben Erbsenzählerei: Geburtenschwund der Deutschen, Zunahme der Ausländer, zusätzliche Einwanderung, Rassenvermischung, etc.

Das ist ja alles richtig, doch wir kommen alleine mit Bevölkerungswissenschaft und Verhaltensforschung (die an sich ihre Berechtigung haben) nicht weiter. Das ist nur deskriptiv, also die Beschreibung der Lage. Man entläßt somit aber sein Publikum schnell in die Resignation.

Der Ansatz muß deshalb nicht ein naturalistischer, sondern vielmehr ein idealistischer sein: Erst kommt der Geist, dann die Natur bzw. die Materie. Wir sollten den völkischen Materialismus überwinden. Auch im Dritten Reich hat es oftmals am Geist gefehlt, das setzt sich heute bei vielen Rechten fort. Die Rechten sind bodenständig, was darüber hinaus geht gilt ihnen oftmals als ‘abgehoben’. Reinhold Oberlercher schrieb einmal, die Rechten neigten häufig zu Phantasielosigkeit, die Linken hingegen zu Phantasterei. Bei Oberlercher und Mahler ist es hin und wieder Phantasterei, was vielen Rechten als Spinnerei vorkommt. Beide kommen von links. Vielleicht sollte man eher das richtige Mittelmaß finden.

Wenn mir der „Chefideologe“ von Germania Graz einmal geschrieben hatte, der Nationalstaat des 19. Jahrhunderts sei „passé“ und ich davon ausgehe, daß er das deutsche Volk erhalten möchte, dann wäre hier zu fragen: Womit denn? Kann sich ein Volk in der Moderne einfach so in der Natur selbst erhalten? Kann sich ein Volk dauerhaft in einem staatsähnlichen Gebilde einer „Fremdherrschaft“ (Carlo Schmid über die BRD) erhalten, zumal die Fremdherrschaft die Installierung einer „multikulturellen Gesellschaft“ nach sich gezogen hat?

Kurzum: Der Schlüssel liegt heute im Geistigen, in der Staatsidee. Wenn das deutsche Volk erst einmal die Ursache der wirtschaftlichen Misere in der anhaltenden (Nieder-) Lage seit 1945 erkannt hat, wird es aus diesem Bewußtsein heraus die Fremdherrschaft abschütteln und die Alliierten mit samt ihren „Zivilokkupanten“ (Gastarbeiter, Asylanten, etc.) nach Hause schicken wollen. Eine bewaffnete Auseinandersetzung sollte unbedingt vermieden werden, ist aber leider nicht auszuschließen (siehe kürzlich in Holland). Der Hinweis, auch in anderen europäischen Staaten liege eine ähnliche bevölkerungspolitische Lage vor, würde nur meine These von der „Lage seit 1945“ untermauern. Frankreich und die Niederlande haben heute keine Bevölkerungspolitik nach deutschem Vorbild, sondern eine nach amerikanischem Muster. Diese Angelegenheit wurde am 6. Juni 1944, bei der anglo-amerikanischen Landung in der Normandie, entschieden.

Wer sich solchen Gedankengängen verpflichtet weiß, wird automatisch zum „Verfassungsfeind“ (ohne Verfassung!). Bei vielen heutigen Burschenschaftern ist es zum einen intellektuelle Beschränktheit, daß sie solche Gedanken nicht aufnehmen können, zum anderen auch Angst, die gesellschaftliche Reputation zu verlieren. Da ist es besser in der Lebenslüge des geistigen Bürgerkriegs zu leben, die Schuld liege alleine bei der „linken Reichshälfte“ und nicht beim feigen Bürgertum, zu dem man vielleicht selbst gehört.

Auf Ihre Frage nach der Tradition der beiden Bünde des schwarzblauen Kartells möchte ich folgendes erwidern: Was die Altvorderen in Prag und Graz vor Jahrzehnten einmal gemacht haben, ist Schnee von gestern. Jede Generation muß sich ihren Patriotismus, gegebenenfalls ihren Befreiungsnationalismus selbst erkämpfen! Thessalia Prag und mit ihr Germania Graz haben sich für ihren Frieden mit ihrem Alten Herrn Kurt-Ulrich Mayer, dem Präsidenten der Sächsischen Landesmedienanstalt, und somit gegen Jürgen Schwab entschieden. Die Herren Burschenschafter wollen sich offenbar mit der „westlichen Wertegemeinschaft“ arrangieren. Ein deutscher Nationalist („Rechtsextremist“) hat da keinen Platz.

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Mit burschenschaftlichen Grüßen

Jürgen Schwab

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