Repression
und Überwachung
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Staatliche Stellen greifen zunehmend auf private Daten zu, die zu ganz anderen
Zwecken angelegt worden sind. Davor warnte der Bundesbeauftragte für Datenschutz
Peter Schaar anlässlich des 20. Tätigkeitsberichts für die Jahre
2003/2004. Im Jahr 2004 haben Behörden in fast 3 Millionen Fällen
Kundendaten wie Name, Telefonnummer und Adresse bei der Regulierungsbehörde
für Telekommunikation und Post abgefragt. 2001 seien es noch 1,5 Millionen
Fälle gewesen. Schaar forderte im Bundestag, Befugnisse, die den Sicherheitsbehörden
nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeräumt worden seien,
sollten überprüft werden. Eingriffsbefugnisse, die nicht gebraucht
würden oder die sich nicht bewährten, müssten zurückgenommen
werden. Die ausufernde Abfrage von privaten Daten müsse gesetzlich begrenzt
werden. Besonders kritisch ist für Schaar die geplante Speicherung von
Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für 12 bis 36 Monate. Damit
könnten Email-Adressen, Länge, Datum, Absender und Empfänger
von SMS oder Telefongesprächen gespeichert werden - allerdings nicht deren
Inhalte. Eine Alternative zu dieser flächendeckenden Überwachung sei
die Strafverfolgungspraxis in den USA: In bestimmten Fällen können
Strafverfolger dort Daten kurzfristig speichern lassen. Sie erhalten sie aber
erst übermittelt, wenn innerhalb von 90 Tagen eine richterliche Genehmigung
vorliegt. Auch die kürzlich eingeführte staatliche Kontenabfrage lasse
viele Fragen offen, kritisierte Schaar: Zwar habe das Bundesministerium für
Finanzen eingeräumt, die Betroffenen zu informieren, aber weiterhin sei
nicht klar gestellt, welche Behörden zu welchen Zwecken die Kontodaten
abrufen dürften. Für die Einführung von biometrischer Merkmale
kann sich Scharr nur ein zeitlich begrenztes Gesetz vorstellen. Fingerabdruck,
Iriserkennung und bestimmte andere Gesichtserkennungen sollten nur weiter angewandt
werden, wenn sie sich bewährten. Biometrie halte aber häufig nicht,
was man sich von ihr verspreche. Eine Identifizierung über Erbinformationen
ginge weit über das geltende Datenschutzrecht hinaus. Mit solchen DNS-Analysen
seien auch die Abstammung, persönliche Eigenschaften und Veranlagungen
zu Krankheiten einer Person festzustellen. Auch im medizinischen Bereich sollten
bei allen Formen der Datenspeicherung - wie Gesundheitskarte und JobCard - das
Selbstbestimmungsrecht der Patienten und die Vertraulichkeit der medizinischen
Daten im Vordergrund stehen. Generell gelte, dass die Persönlichkeitsrechte
bereits bei der Entwicklung von Programmen und Verfahren beachtet werden müssten.
„Offenbar hat aber diese Erkenntnis noch nicht alle Beteiligten erreicht."
So stellte Schaar fest, dass selbst bei einem Großprojekt wie der Umstellung
der Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf das Arbeitslosengeld II elementare Datenschutzanforderungen
bei der Systemgestaltung nicht beachtet wurden.
Quelle: http://www.die-kommenden.net/dk/wochen/05/apr_16_22.htm#13