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Der Gro�e Bruder in Br�ssel
ENFOPOL - Die Abh�rpl�ne der EU
Verfasser: Richard Schapke
Im Hinblick auf das j�ngste Urteil des Bundesverfassungsgerichtes �ber die Kompetenzen des Bundesnachrichtendienstes BND scheint es angebracht, einmal einen Blick auf die �berwachungspl�ne der EU zu richten. F�r den Eingeweihten sollte es wenig verwunderlich erscheinen, da� hier zun�chst ein Sprung in die USA vonn�ten ist.
Ab 1990 dr�ngte das FBI angesichts des rasanten technischen Fortschritts auf die Verabschiedung neuer �berwachungsgesetze. Alle Arten moderner Kommunikation sollten in ein globales �berwachungsnetzwerk integriert werden. Da sich im Kongre� Widerst�nde regten, wich man auf die internationale Ebene aus. Anfang 1993 trat auf der Milit�rbasis Quantico eine Konferenz mit Vertretern von Strafverfolgungsbeh�rden und Nachrichtendiensten zusammen. Die Teilnehmer konstituierten sich als International Law Enforcement Telecommunications Seminar ILETS. Vertreten waren zun�chst einmal die Angeh�rigen der nachrichtendienstlichen UKUSA-Union von 1948 (USA, Gro�britannien, Kanada, Neuseeland, Australien), aber auch Vertreter aus EU-Staaten wie der BRD, Frankreich oder Spanien.
Die Thesen von ILETS zur Notwendigkeit, �berwachungsma�nahmen auf die moderne Telekommunikation auszudehnen, wurden im Juni 1993 auf der Kopenhagener TREVI-Konferenz durch die Innen- und Justizminister der EU angenommen. Im November kam man, mittlerweile zum EU-Rat der Innen- und Justizminister aufgewertet, �berein, sich hinsichtlich der �berwachungspl�ne an den Standards des FBI zu orientieren und im �brigen eng mit der UKUSA-Union zusammenzuarbeiten. Folgerichtig fand Anfang 1994 in Bonn eine neue ILETS-Konferenz statt, auf der die International User Requirements IUR als technisch-juristische Basis der �berwachung festgelegt wurden. Diese ILETS-Standards tauchten 1994 unter dem Namen ENFOPOL 90 auf. Hinter dem K�rzel ENFOPOL (Enforcement Police) verbirgt sich die EU-Arbeitsgruppe f�r polizeiliche Zusammenarbeit. Diese Gruppe besch�ftigt sich nicht nur mit der �berwachung der Telekommunikation, sondern auch mit DNS-Analysen oder technischen Standards der Polizeiarbeit. Im Oktober 1994 unterzeichnete Clinton die Einf�hrung der IUR als Bundesgesetz, und am 17. Januar 1995 beschlo� der EU-Rat unter h�chster Geheimhaltung die Anpassung der juristischen und technischen Abh�rm�glichkeiten an Tele- und Satellitenkommunikation sowie an das Internet. Bislang hat die EU die IUR nur f�r die Telekommunikation umgesetzt, w�hrend die USA und andere Staaten hier schon weiter sind.
Im September 1998 �bernahm die Arbeitsgruppe f�r polizeiliche Zusammenarbeit die IUR - ENFOPOL 98 erblickte das Licht der Welt. Der Einfachheit halber kleidete man das Papier gleich in das Gewand eines EU-Ratsbeschlusses. Der Entwurf sieht die Ausdehnung der gesetzlichen �berwachungsm�glichkeiten auf Internet und Satellitenkommunikation sowie auf deren Anbieter vor. Die f�r Telekommunikation zust�ndigen Ministerien sollen die Umsetzung mit den Ressorts f�r Inneres und Justiz erarbeiten. Endziel ist der Zugriff auf den gesamten Fernmeldeverkehr der �berwachten Person sowie auf die verbindungsrelevanten Daten (bis hin zum geographischen Standort eines Mobiltelefons), was auch Verbindungen zwischen verschiedenen Netzen und Anbietern einschlie�t. Dies beinhaltet selbstredend auch die Daten des Kommunikationspartners.
Die Anbieter sollen gesetzlich verpflichtet werden, �berwachungsschnittstellen einzurichten sowie verbindungsrelevante Daten und Gespr�chsinhalte auf Anforderung bereitzustellen. Diese Daten haben entschl�sselt und in einem genormten Format abgeliefert zu werden. Ein Anbieter ist verpflichtet, die �berwachungsaktion nach Kr�ften zu unterst�tzen. Die �berwachte Person darf keinerlei Kenntnis von den Ma�nahmen erhalten. Wichtige Angriffspunkte sind hierbei die Clearinghouses, die den internationalen Telekommunikationsverkehr abwickeln und daher �ber die Verbindungsdaten verf�gen, sowie die Zentralstationen der Betreiber von Satellitentelefonen.
Iridium, ein internationales Konsortium von 22 Firmen wie Motorola, Lockheed oder RWE, besteht aus 66 Satelliten, die weltweite Kommunikation erm�glichen, bedient also die Handys der n�chsten Generation. Nach Anlaufschwierigkeiten �ffnete sich hier n�mlich ein neuer Markt, wie die Gesch�ftser�ffnung neuer Satellitenanbieter wie Globalstar mit 48 Satelliten zeigt. Dieses weltraumgest�tzte Telefonnetz zielt auf Gro�konzerne, Reedereien, Medien, Verwaltung oder das Milit�r ab, und auch das US-Au�enministerium stattet mittlerweile seine Mitarbeiter mit Iridium-Handys aus. Weltweit kalkuliert man hier mit einem zuk�nftigen Kunden- und damit �berwachungspotential von bis zu 25 mio Personen. Im diesem Zusammenhang sei ferner an das ebenfalls satellitengest�tzte Kfz-Navigationssystem GPS erinnert.
ENFOPOL legalisiert nachtr�glich das seit 1948 bestehende ECHELON-System zur Kontrolle des internationalen Telekomverkehrs durch die UKUSA-Union. Es soll ausdr�cklich an diese Aktivit�ten angekoppelt werden. ECHELON h�rt den gesamten Satellitenverkehr sowie die Nachrichtenverbindungen zu Land und unter Wasser anhand von Schl�sselworten ab. In diesem Zusammenhang sei an die NSA-Lauschanlage bei Bad Aibling erinnert. Vergleichbare Einrichtungen finden sich im gesamten Einflu�bereich des Westens. Auch den BND sollte man nicht untersch�tzen - die Pullacher h�ren nach offiziellen Angaben t�glich mindestens 15.000 Auslandsgespr�che auf digitalem Wege ab. Die USA verhandeln bereits bilateral mit den einzelnen EU-Staaten �ber "Rechtshilfeabkommen". Auch innerhalb der EU wird verhandelt, um f�r Abh�roperationen die nationalen Gesetze des abh�renden Staates zur Grundlage zu machen. Der BND k�nnte auf dieser Basis im Ausland Lauschangriffe durchf�hren. Endergebnisse dieses "Wettbewerbs" w�ren langfristig der Abbau von Grundrechten und die Erweiterung der nachrichtendienstlichen Kompetenzen.
Als ausf�hrendes Organ des geplanten EU-Polizeistaates ist die gemeinsame Polizei Europol vorgesehen. Diese ging aus dem Schengen-Informationssystem SIS hervor und wird auch von dessen ehemaligen Leitern Storbeck und Vow� gef�hrt. Beide arbeiteten �brigens fr�her im BKA. F�r Verschw�rungstheoretiker sei eingeflochten, da� sich die Zentrale in einem ehemaligen Jesuitenkloster in Den Haag befindet. Sie wertet die aus den Mitgliedsl�ndern eingehenden Informationen aus und versorgt wiederum die nationalen Sicherheitsorgane mit Hinweisen. Zu den Zust�ndigkeiten Europols geh�ren auch die Bereiche "Terrorismus" und "Internetkriminalit�t", welche durchaus staatliche Definitionssache sind. In Den Haag werden europazentral alle Informationen �ber T�ter und deren Kontaktpersonen, Opfer, Zeugen und Verd�chtige gesammelt - bis hin zu Daten �ber die politische Haltung. Die Speicherzeit der angelegten Personenprofile liegt bei 3 Jahren, bei Auftauchen neuer Verdachtsmomente verl�ngert sie sich automatisch. Ausk�nfte sind nur auf dem Klageweg zu erhalten.
Mit dem mittlerweile in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag hat Europol das Initiativrecht erhalten und kann Ermittlungen in den Einzelstaaten anregen. Die beiden Leiter der Zentralpolizei genie�en bereits volle Immunit�t und sind vor jeder Strafverfolgung sicher. Diese Immunit�t gilt nach Angabe des Europol-Funktion�rs Klaus Schmidt bei anderen Beamten nur f�r die illegale Weitergabe von Informationen. Um die Effektivit�t zu vergr��ern, strebt Europol nebst Ausweitung der Immunit�t operative Befugnisse an - gemeinsame Ermittlungsgruppen mit den nationalen Sicherheitsbeh�rden bestehen wahrscheinlich bereits. Auch hier diente die Organisierte Kriminalit�t als Vorwand, um polizeistaatliche Strukturen zu etablieren. Europol hat angeblich keinerlei Exekutivbefugnisse, aber es stellt sich die Frage, ob die Informationsaufbereitung (Lieferzeit 10 Minuten) nicht eine exekutive Handlung darstellt.
Im M�rz 1999 stellte die EU-Pr�sidentschaft von Reformkanzler Schr�der den �berarbeiteten Entwurf ENFOPOL 19 vor. Die schwerwiegenden Ma�nahmen wurden ausgeklammert und anderweitig lanciert (Stichwort Kinderpornographie), die Komplexe Iridium und Satellitenkommunikation an hoher Stelle innerhalb der EU-Kommission behandelt. Ein gleiches gilt f�r das Problem der Verschl�sselung. Die Anbieter sollen per Ratsbeschlu� zur Einrichtung der Abh�rschnittstellen verpflichtet werden. Zutritt zu diesen Hochsicherheitsbereichen wird nur von den Nachrichtendiensten aussortiertes Personal erhalten. Geplant ist ferner die Einrichtung von virtuellen Schnittstellen an Internetknoten. Technisch ist es bereits m�glich, aus 100 Meter Entfernung anhand der Analyse von Monitorabstrahlungen Erkenntnisse zu gewinnen. Wesentlich leichter wird die �berwachung, wenn tats�chlich eine kommende PC-Generation auf Mobilfunkbasis arbeiten sollte.
Eine wesentliche Erleichterung f�r die Durchsetzung staatlicher Interessen ist die Bildung der European Information and Communications Technology Industry Association Eicta als Spitzenorganisation der Informationstechnik- und Telekommunikationsindustrie. Der Sitz befindet sich selbstredend in Br�ssel. Auch in der BRD haben die betreffenden Wirtschaftszweige sich im Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien Bitcom zusammengeschlossen. Bitcom wie Eicta geht es bei den Gespr�chen letzten Endes nur um die Finanzierungsfrage, da ENFOPOL die Finanzierung vorwiegend durch die Unternehmen vorsieht.
Das Europaparlament ist hier absolut machtlos: Gegen Beschl�sse des Rates der Innen- und Justizminister hat es keinerlei Vetorecht. Die Ratsempfehlungen werden im allgemeinen von den Mitgliedsstaaten als Richtlinie der nationalen Gesetzgebung verkauft. Der K�lner EU-Gipfel im Juni 1999 behandelte auch das Thema internationale Verbrechensbek�mpfung - augenscheinlich ist ein Abkommen in Vorbereitung. Erst 2004 erh�lt die EU-Kommission das Initiativrecht auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit. Eingaben der Bev�lkerung beim EU-B�rgerbeauftragten S�-derman d�rften bis dahin wenig Erfolg haben: "Jeder B�rger der Union...kann den B�rgerbeauftragten...mit einer Beschwerde �ber einen Mi�stand bei der T�tigkeit der Organe oder Institutionen...befassen. Eine sorgf�ltige Pr�fung Ihrer Beschwerde hat ergeben, da� diese Bedingung nicht erf�llt ist, denn ihre Beschwerde betrifft nicht einen m�glichen Mi�stand bei der T�tigkeit eines Organs oder einer Institution, sondern vielmehr eine politische Entscheidung des Rates. Ich bedauere deshalb, Ihnen mitteilen zu m�ssen, da� ich nicht befugt bin, mich mit Ihrer Be-schwerde zu befassen."