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Theorie des globalen Partisanen
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Absoluter Feind � absoluter Krieg: Warum die USA den neuen Typus des globalen Partisanen verdient haben
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George W. Bush kann ihn nicht sehen, aber dennoch bestimmt er neuerdings den Takt der Weltgeschichte und vor allem das Handeln des amerikanischen Pr�sidenten. Die Rede ist vom neuen Typus des globalen Partisanen. Was wir seit dem 11. September des vorigen Jahres erleben, ist die Geburt einer neuen geschichtlichen Gestalt, die nur unter den spezifischen Bedingungen der Globalisierung, die in Wirklichkeit eine globale Amerikanisierung darstellt, m�glich geworden ist.
J�rgen Schwab
Nun sind wir bereits seit den neunziger Jahren mit diesem (namenlosen) globalen Partisanen konfrontiert � seit der andauernden politischen, milit�rischen und �konomischen Diskriminierung des Irak durch die neuen westlichen Kreuzritter und der Nicht-Einl�sung des Versprechens eines wirklich souver�nen pal�stinensischen Staates durch die UNO. Aber erst in Person von Osama bin Laden ist er seit den Terrorschl�gen von New York und Washington voll in unser Bewu�tsein gedrungen. Ob er als konkrete Person lebt oder bereits im Bombenhagel der NATO get�tet wurde, spielt an und f�r sich keine Rolle, da es sich bei dem Typus des globalen Partisanen zuallererst um ein geistiges Ph�nomen handelt, und � um es in der Sprache G. W. F. Hegels auszudr�cken � f�r diesen neuen Geist die k�rperliche H�lle austauschbar zu sein scheint.
Carl Schmitts �Theorie des Partisanen�
Und was f�r unsere Betrachtung noch wichtiger erscheint: Den neuen Typus des globalen Partisanen hat ein deutscher Denker vor fast 40 Jahren ziemlich genau vorausgeahnt und bereits in seinen Wesensz�gen skizziert. Es handelt sich um keinen Geringeren als um Carl Schmitt.
Etablierte Geistes- und Sozialwissenschaftler der BRD wie J�rgen Habermas hatten noch vor nicht allzu langer Zeit den normativen Standpunkt vertreten, da� es sich bei dem Werk von Carl Schmitt um �geistesgeschichtlichen M�ll� handele. Seit dem 11. September 2001 ist nat�rlich von alledem keine Rede mehr, da es f�r den Kenner zu offenkundig ist, da� der �Begriff des Politischen� (1932) und die �Theorie des Partisanen� (1963) � um nur zwei zentrale Schriften aus Schmitts Feder zu nennen � kaum jemals so aktuell gewesen sein d�rften wie seit den Terroranschl�gen von New York und Washington.
Im Schlu�teil seiner �Theorie des Partisanen� hat Schmitt bereits den �bergang vom �tellurisch-terranen Charakter des Partisanen� (also seiner Bodenst�ndigkeit) hin zu seinem globalen Typus vorweggenommen. Die Ursache des Wechsels sieht Schmitt in der Internationalisierung und dem wissenschaftlichen Fortschritt, und hierbei� vor allem in der Waffentechnologie. Fungierten Partisanen in fr�heren Zeiten noch als eine Art �leichte�, aber au�erhalb des Kriegsrechts stehende Hilfstruppe neben einer regul�ren Armee, die wie im Falle der Niederlage der spanischen Armee gegen Napoleon (1808) dann an deren Stelle treten konnte, jedoch immer die ausschlie�liche Befreiung der eigenen Heimaterde im Auge hatte, so hat der globale Partisan im Zeitalter der Moderne diesen bodenst�ndigen Charakter seines Kampfzieles bereits �berschritten � ohne allerdings seine geistige �Bodenhaftung� verloren zu haben. Im modernen Sinne ist er aber nun mit so ziemlich allem an Kommunikations- und Waffentechnologie ausger�stet wie seine staatlich-milit�rischen Feinde es auch sind. Er betreibt Propaganda mit Video-Kassetten und d�rfte �ber ABC-Waffen, wenn auch in geringeren Mengen als seine Feinde, verf�gen.
Ausgestattet mit einer global ausgerichteten Religion des Islam will der arabische Terrorist, der immer auch ein Nationalist ist, zwar zuallererst einen souver�nen Staat Pal�stina herstellen, die USA aus Saudi-Arabien vertreiben und somit den Repressionsma�nahmen gegen den Irak den logistischen Boden entziehen, doch der Typus des globalen Partisanen (vornehmlich arabischer Nationalit�t) hat erkannt, da� er dem Westen und vor allem der Weltmacht USA am besten auf deren eigenen Territorien (auf deren eigener westlicher �Erde�) wehtut � und zwar durch privat organisierten Terror als Revanche auf den staatlich organisierten Terror von den USA und Israel im Nahen Osten.
Als Fazit k�nnen wir an dieser Stelle bereits ziehen, da� der Entwurzelung, also der Aufhebung der Bodenhaftung der �westlichen Zivilisation� � zu einem Teil � die Aufhebung der Bodenhaftung des islamischen und arabischen Terrors gegen eben diesen Westen konsequent gefolgt ist. Der arabische Nationalist und der islamische Fundamentalist haben also nur ihre Strategie und Taktik der neuen globalen Herausforderung, der globalen Amerikanisierung, angepa�t, ohne freilich wie der dekadente Westen sich von seiner eigenen Heimat und Kultur entwurzelt zu haben.
In der politischen Konsequenz bedeutet das: Der Araber wirft seine Steine nicht mehr ausschlie�lich in Gaza und Jericho gegen israelische Panzer und Soldaten, sondern er �bt seine Selbstmordkommandos vor allem in Tel Aviv und Haifa, aber auch � in gr��erem Stile � in New York und Washington aus. Auch in St�dten europ�ischer Vasallenstaaten w�ren solche Anschl�ge m�glich (neuerdings macht sich ja der BRD-Staatsschutz Sorgen um j�dische Einrichtungen in Deutschland). Bis vor kurzem noch konnte sich der globale Partisan zum Schutz vor Vergeltungsma�nahmen bis in den Hindukusch zur�ckziehen, der ja � vom arabischen Standpunkt aus betrachtet � nicht mehr seine eigene Erde ist; genauso wenig wie der deutsche Bundeswehrsoldat nicht s e i n e Heimaterde in Mazedonien, Afghanistan und Somalia verteidigt. Die globale Gewalt bedingt sich also gegenseitig. Nur sind die imperialistischen M�chte USA, NATO und Israel mit ihrer Gewalt zuerst auf den Plan getreten.
Da� der Typus des Partisanen lediglich die konsequente Antwort auf den Kolonialismus, den wir heute auch Imperialismus nennen, darstellt, hat bereits Carl Schmitt erkannt:
�Der Partisan wird mindestens noch so lange einen spezifisch terranen Typus des aktiven K�mpfers darstellen, wie antikolonialistische Kriege auf unserem Planeten m�glich sind.� (Theorie des Partisanen, S. 27) Zu erg�nzen bleibt noch: Bin Ladin ist also demzufolge die logische Antwort auf George W. Bush � und nicht umgekehrt!
Nach Schmitt zu urteilen, ist der Partisan ein Zuchtgew�chs des Imperialismus. Gerade die Aufl�sung des Staatenpluralismus und die Aushebelung des klassischen europ�ischen V�lkerrechts bewirkten nach Schmitts Erkenntnis die Belebung des Partisanenkrieges:
�Wo der Krieg auf beiden Seiten als ein nicht-diskriminierender Krieg von Staat zu Staat gef�hrt wird, ist der Partisan eine Randfigur, die den Rahmen des Krieges nicht sprengt und die Gesamtstruktur des politischen Vorgangs nicht ver�ndert. Wird aber mit Kriminalisierung des Kriegsgegners im ganzen gek�mpft, wird der Krieg z. B. als B�rgerkrieg vom Klassenfeind gegen einen Klassenfeind gef�hrt, ist sein Hauptziel die Beseitigung des feindlichen Staates, dann wirkt sich revolution�re Sprengwirkung der Kriminalisierung des Feindes in der Weise aus, da� der Partisan zum wahren Helden des Krieges wird. Er vollstreckt das Todesurteil gegen den Verbrecher und riskiert seinerseits als Verbrecher oder Sch�dling behandelt zu werden.� (ebenda S. 35-36)
Carl Schmitt hat diese Zeilen seiner �Theorie des Partisanen� 1963 ver�ffentlicht, also zu einer Zeit als der Partisanenkrieg des Zweiten Weltkrieges (Sowjetunion, Jugoslawien etc.) unmittelbar in Erinnerung war und man erkannte, da� der Weltanschauungskampf erst die �absolute� Feindschaft provozierte. Auch heute geht es um eine weltanschauliche Auseinandersetzung im �Kampf der Kulturen� � hier der �Kreuzzug� des Westens, dort der �Heilige Krieg� im Osten. Der Feind ist nun wieder zum absoluten Feind und der Krieg zum absoluten Krieg geworden.
Im Dezember 2001 berichteten die etablierten Medien, da� die USA und die mit ihnen verb�ndeten Truppen der �Nordallianz� bei ihrem Krieg in Afghanistan s�mtliche Regeln des Kriegsrechts ignorierten: So soll es unter den Augen von US-Soldaten zu Massenexekutionen von Taliban-Kriegsgefangenen gekommen sein.� (�Der Spiegel�, Nr. 49 vom 3.12.01) Ausl�ndische �Gotteskrieger� (Araber, Pakistani und Tschetschenen), die im Auftrag der Taliban als regul�re Truppen k�mpften, sollen nach Gefangennahme sofort liquidiert worden sein. Wundert es da noch, da� sich diese ohnehin fanatisierten Soldaten � sp�testens nach solchen Berichten � niemals ergeben und stattdessen die grausame Taktik des Partisanen ergreifen werden?
Es mu� die Frage gestattet sein: Warum soll sich heute ein Araber oder Paschtune �berhaupt noch eine Uniform anziehen, wenn er sich gegen die USA wehren will und er nach Gefangennahme ohnehin den Kopfschu� verpa�t bekommt? Warum sich nicht gleich zum Selbstmordattent�ter ausbilden lassen? Werden die USA die Geister nun nicht mehr los, die sie selbst durch ihre Weltmachtpolitik hervorgerufen haben?
Es g�be noch viele Fragen zu stellen. Als Gewi�heit d�rfte allerdings gelten, da� der globale Partisanenkampf geschichtlich als dichotomisches Gegenst�ck zur europ�ischen Staatenordnung gelten kann. Letztere wurde planvoll von den Globalisten beseitigt, weshalb sie nun verdienterma�en die Folgen des globalen Terrors zu tragen haben. Die herrschende politische Klasse des Westens hat also ihren neuen Feind wirklich verdient. Um das festzustellen, braucht man die USA und ihre Vasallen nicht zu hassen und den �ber 3.000 Opfern vom 11. September 2001 und ihren Angeh�rigen das Mitleid nicht zu verweigern (nur man sollte es sich auch nicht politisch-korrekt abfordern lassen!).
Die USA und die �Westliche Zivilisation� haben diesen Feind deshalb verdient, weil sie die Voraussetzungen der wirklichen Zivilisation, die einmal in unseren Breiten geherrscht hatte, n�mlich die des klassischen europ�ischen V�lkerrechts, das den Krieg ma�geblich zivilisierte (�hegte�) und vor allem zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten unterschied, ganz planvoll seit dem Jahr 1919, der Unterzeichnung der V�lkerbundsatzung und der Pariser Vorort-Vertr�ge gebrochen haben. Der Diskriminierung des Feindes zum Schuldigen und Verbrecher folgte 1928 im Briand-Kellogg-Pakt das ausdr�ckliche Verbot des Angriffskrieges, weshalb Carl Schmitt 1938 in seiner Schrift ��ber das Verh�ltnis der Begriffe Krieg und Feind� zurecht konstatierte, da� von nun an der �Angreifer als Feind bestimmt� war. (Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar � Genf � Versailles, S. 279)
Die Frage, warum einer angreift, wurde somit aber bewu�t verdr�ngt. Und die westalliierten Sieger des Ersten Weltkrieges hatten auch allen egoistischen Grund dazu: Die Diskriminierung des Angreifers richtete sich in erster Linie gegen das seiner territorialen und wirtschaftlichen� Ressourcen ausgepl�nderte und mit der Alleinkriegsschuld diffamierte Deutsche Reich, das die Westalliierten wegen eines zu bef�rchtenden Revanchekriegs als k�nftigen B�sewicht damit gleich pr�ventiv brandmarken wollten. Dieses Verh�ngnis hat sich bis heute fortgesetzt. Auch in Artikel 1 Nr. 1 und Artikel 2 Nr. 4 der UNO-Charta hat das Kriegs- und Gewaltverbot in seiner kodifizierten Form seinen Niederschlag gefunden.
Die Souver�nit�t eines Staates bemi�t sich danach � um es mit Carl Schmitt auf den Punkt zu bringen �, ob er in der Lage ist, �ber den Ausnahmezustand � innen- wie au�enpolitisch � zu entscheiden. In der Au�enpolitik bewahrheitet sich deshalb die Souver�nit�t eines Staates zugespitzt in der Frage, ob er �berhaupt in der Lage ist, selbstherrlich seinen Feind zu bestimmen und gegen ihn Krieg zu f�hren. Wer aber schon seiner geistigen F�higkeiten beraubt ist, d�rfte auch nicht mehr in der Lage sein, seinen �wirklichen Feind� (Carl Schmitt) zu erkennen, geschweige denn, ihn beim Namen zu nennen und anzugreifen. Daf�r beteiligt er sich dann als US-Vasall am �Kreuzzug� gegen einen �absoluten Feind� (Carl Schmitt), heute � ganz pauschal � gegen �Islamisten� und den �Internationalen Terrorismus�.
Die Absolutheit des Feindes l��t dabei kein rationales Differenzierungsverm�gen mehr zu. Der Deutsche oder Araber wird nicht als solcher vom Westen akzeptiert, sondern nur in seiner degenerierten Vasallenform. Entspricht er dieser nicht, dann gilt er als �Rechtsextremist�, �Antisemit�, �Islamist� und �Terrorist�, den es zu vernichten gilt. Den �Rechtsextremisten� gilt es im geistigen B�rgerkrieg des liberalen Parteienstaates zumindest sozial zur Strecke zu bringen, dem arabischen Nationalisten wird heute schon das physische Existenzrecht � trotz Menschenrechtsgeschwafel � abgesprochen. Die rhetorische Frage, die sich die Gegenwartsdeutschen nicht stellen d�rfen, die aber heute schon der Schmittianer aufwirft, lautet: Sind die USA m�glicherweise der �wirkliche Feind� der europ�ischen Nationen, der uns in einen Dritten Weltkrieg gegen den �absoluten Feind� der Amerikaner hineinhetzen will?
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Literaturempfehlung:
Carl Schmitt: Theorie des Partisanen. Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen. 4. Auflage. Duncker & Humblot. Berlin 1995. 96 Seiten. 14,32 Euro. Erh�ltlich �ber den DS-Buchdienst.
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