Befreiungsnationalismus
und Antiimperialismus
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Allgemeine Erklärung über die kollektiven Rechte der Völker
Die folgende Erklärung wurde auf der Konferenz der Staatenlosen Nationen Europas angenommen. Die vom 19. bis 22. Januar 2001 abgehaltene Konferenz wurde von der katalanischen Gruppe CIEMEN organisiert, welche sich für die Zusammenarbeit der nach Unabhängigkeit strebenden Nationalitäten Europas einsetzt. Die Bewegung setzt sich aus separatistischen, nationalistischen und regionalistischen Kräften zusammen, beispielsweise aus Nordirland, Katalonien, der Bretagne, Korsika, dem Baskenland usw. und stellt einen deutlichen Beweis dafür dar, daß die staaten- und gesellschaftsbildende Kraft des Nationalismus (hier ausdrücklich nicht im Sinne chauvinistischer und revanchistischer Wahnvorstellungen definiert!) keinesfalls der Vergangenheit angehört. Die Übersetzung aus dem Englischen ist weitgehend am Originaltext orientiert.
Richard Schapke
Präambel
Den erzielten Fortschritt bedenkend, besonders in den letzten zweihundert Jahren, seit in der "Declaration of Rights" das Bewußtsein der Gleichheit aller Menschen aufgeworfen wurde;
Bedenkend, daß einer der größten Beiträge zum Verständnis dieser Gleichheit die Anerkennung des Unterschiedes zwischen Menschen anhand von Sprache, Kultur und Volkszugehörigkeit ist, wie in der 1948 durch die UNO proklamierten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ausgeführt;
Bedenkend, daß individuelle Rechte auf Gleichheit und Unterschied nur im Rahmen der jeweiligen Völker, anhand dessen sich jedes Individuum definiert, vollständig erfüllt werden können;
Bedenkend, daß jeder Mensch grundsätzlich der Inhaber seiner eigenen kollektiven und unveräußerlichen Rechte auf Gleichheit und Unterschied ist;
Bedenkend, daß die Charta der Vereinten Nationen in ihrem Artikel 1.2. die Notwendigkeit anerkannte, "freundliche Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln, die auf dem Respekt für den Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhen"; daß andere UNO-Texte wie die verschiedenen internationalen Abkommen über politische, soziale, wirtschaftliche, kulturelle Rechte etc. im Bereich der kollektiven Rechte inbegriffen sein müssen; jene Dokumente, die gegenwärtig innerhalb der UNO selbst behandelt werden, wie die "Erklärung der Rechte der Eingeborenen Völker", führen uns zur Interpretation aller individuellen Rechte, um ihre volle Bedeutung zu erfassen, im Licht der kollektiven Rechte.
Betrachtend daß, gemäß dieser Grundregeln, zahlreiche Völker nicht nur ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben und ihre entsprechende Souveränität und Unabhängigkeit ergreifen können, sondern auch ihren eigenen Zusammenhalt und ihre Solidarität mit anderen Völkern vertiefen;
Angesichts der Tatsache, daß andere Kollektivrechte noch nicht anerkannt oder weit genug entwickelt wurden und daß weltweit Konflikte und Konfrontationen andauern, die aus der Ablehnung oder Beschränkung der kollektiven Rechte aller Völker herrühren;
Angesichts der Tatsache, daß diese Situationen rechtliche und politische Konsequenzen in der Organisation der Gesellschaft haben, die hinsichtlich des internationalen Rechtes Ungleichheit und Diskriminierung unter Völkern festschreiben, und daß diese Organisation grundsätzlich von der Gnade der bestehenden Staaten und den von ihnen geschaffenen und kontrollierten Körperschaften abhängt;
Angesichts der Tatsache, daß internationale Beziehungen mehr und mehr das Monopol der bestehenden Staaten geworden sind, die sich als eine Konsequenz die Macht bewilligt haben, den Grad an Souveränität jedes Volkes festzulegen, obwohl die Völker selbst die einzigen Subjekte und Quellen von Rechten in allen kollektiven Dimensionen sind;
Angesichts der Tatsache, daß, um ihre Vorherrschaft und ihre internationale Entscheidungsmacht über bestimmte geographische Gebiete zu sichern, die bestehenden Staaten Institutionsmodelle schufen, in denen Staatsbürgerschaft und die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk so verworren sind. so daß sie ihnen erlauben, die Existenz von Völkern zu verneinen und sie durch verschiedene gesetzliche Statuten wie Autonomie, Regionalisierung usw. Beschränkungen ihrer Souveränität oder Abhängigkeitssituationen zu unterwerfen;
Angesichts der Tatsache, daß während der letzten Jahre Bemühungen von Seitens der Zivilgesellschaft gemacht wurden, um die Anerkennung der Rechte der Völker zu fördern, insbesondere nach der am 4. Juli 1976 in Algier veröffentlichten "Erklärung der Rechte der Völker";
Angesichts der Tatsache, daß dennoch die auf dieses Ziel gerichteten Initiativen immer noch Beschränkungen der kollektiven Rechte der Völker gestatten, indem sie auf die Vorherrschaft der bestehenden Staaten festgelegt werden, insbesondere durch den Gedanken der Minderheit;
Angesichts der Tatsache, daß es, um ein neues Stadium in Erschaffung und Verständigung zwischen Völkern zu erreichen und um zum Weltfrieden beizutragen, von grundlegender Bedeutung ist, in einer vollständigen und grundsätzlichen Weise die kollektiven Rechte der Völker und die Methode ihrer Ausübung ohne Beachtung gegenwärtiger politischer und rechtlicher Situationen zu definieren;
Schlägt die Generalversammlung der "Conference of European Stateless Nations" (CONSEU) allen Menschenrechtsorganisationen und allen zuständigen internationalen Organisationen vor, daß sie diese "Allgemeine Erklärung der Kollektiven Rechte der Völker" übernehmen und in die Praxis umsetzen.
Einleitung
Das Fehlen einer allgemeingültigen Definition des Konzeptes "Volk" zeigt, daß es sich eher um einen dynamischen als um einen statischen Begriff handelt. Die Geschichte zeigt, daß bestimmte als Völker anerkannte Gemeinschaften auftauchten und verschwanden oder unter anderen Namen auf der internationalen Bühne wieder auftauchten. Jedoch können die Entwicklungen oder Rückschritte dieser Gemeinschaften oder Völker in keiner Weise der Boden für die Annahme, die Ablehnung oder die Beschränkung des gebotenen Respektes für die kollektiven und individuellen Rechte der Personen sein, die sie bilden. Objektiv erhalten die Rechte der Völker immer die passende und gleiche Identität aufrecht. Es liegt an diesem gleichen Gemeinschaften, sich selbst auf dem Pfad der Geschichte zu Völkern zu formen und dadurch Gegenstand kollektiver Rechte zu werden.
Dieses alles in Betracht ziehend, schlägt diese Erklärung vor, die kollektiven Rechte der Völker zu definieren und das Konzept des Volkes hiermit eindeutig darzulegen.
Abschnitt I. Völker und Nationen
Artikel 1
Jede Gruppe von Personen mit einem gemeinsamen kulturellen Bezug und einer eigenen geschichtlichen Überlieferung, die sich innerhalb eines bestimmten geographischen Territoriums oder unter anderen Bedingungen entwickelte, bildet ein Volk.
Artikel 2
Jedes Volk hat das Recht, sich selbst als solches zu identifizieren. Keine andere Instanz kann diese Definition an seiner Stelle vornehmen.
Artikel 3
Jedes Volk hat das Recht, eine Nation zu bilden. Die Existenz einer Nation ist die Konsequenz aus dem gemeinsamen Willen aller Angehörigen eines Volkes, sich politisch und institutionell zu organisieren.
Artikel 4
Jedes Volk kommt in den Genuß der in dieser Erklärung genannten unverjährbaren und unveräußerlichen kollektiven Rechte und Vorrechte.
Abschnitt II. Nationale Rechte der Völker
Arikel 5
Jedes Volk hat unabhängig von seiner demographischen Stärke das Recht auf freie Existenz.
Artikel 6
Jedes Volk hat das Recht auf Selbstbestimmung in einem unabhängigen und souveränen Weg.
Artikel 7
Jedes Volk hat das Recht auf Selbstregierung im Einklang mit den demokratischen Rechten seiner Angehörigen.
Artikel 8.1.
Jedes Volk hat das Recht auf freie Ausübung seiner Souveränität in der Gesamtheit seines eigenen Territoriums.
Artikel 8.2.
Jedes Volk, das gezwungen wurde, sein Territorium zu verlassen, hat das Recht, in dieses Territorium zurückzukehren, sich niederzulassen und seine Souveränität auszuüben, wobei es die Rechte zu anderen Völkern gehöriger Personen, die möglicherweise dort leben, respektiert.
Artikel 8.3.
Jedes Volk, das Gegenstand einer Teilung als Konsequenz einer inter- oder intrastaatlichen Trennung wurde, hat das Recht, seine territoriale, politische und institutionelle Einheit wiederherzustellen.
Artikel 8.4.
Jedes umherziehende Volk, das geschichtlich sein Nationalbewußtsein im Zusammenhang mit seiner Lebensweise entwickelt hat, hat das Recht auf freie Wanderschaft.
Artikel 9.1.
Jedes Volk hat das Recht, seine Kultur, seine Sprache und seine organisatorischen Formen auszudrücken und zu entwickeln und hierfür innerhalb seiner Souveränität seine eigenen Strukturen hinsichtlich Politik, Bildung, Kommunikation und öffentlicher Verwaltung zu schaffen.
Artikel 9.2.
Jedes Volk, daß sich unter den in Artikel 8.2. beschriebenen Bedingungen befindet oder das Opfer anderer Entscheidungen ist, die es willkürlich teilen, hat das Recht auf Wiederbelebung seiner sprachlichen und kulturellen Einheit sowie der restlichen Voraussetzungen, die es zu einem Volk machen.
Artikel 10
Jedes Volk hat das Recht, über die natürlichen Ressourcen inclusive der Gewässer in seinem Territorium zu verfügen und sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 16, 17 und 18 unter Berücksichtigung von Ökologie und Solidarität für Entwicklung, Fortschritt und Wohlfahrt seiner Angehörigen zu nutzen.
Abschnitt III: Internationale Beziehungen
Artikel 11
Alle Völker sind und bleiben frei und gleichberechtigt, wie auch immer die Natur ihrer internationalen Beziehungen sein mag.
Artikel 12
Jedes Volk hat das Recht auf volle Anerkennung als solches durch die internationale Gemeinschaft und auf gleichberechtigte Beteiligung an Arbeit und Entscheidungen aller durch souveräne Willenserklärungen gebildeten internationalen Organisationen.
Artikel 13
Jedes Volk hat das Recht, frei mit jedem anderen Volk für beide Seiten vorteilhafte und gemeinsam festgelegte Beziehungen aufzubauen.
Artikel 14
Jedes Volk hat das Recht, sich mit anderen Völkern zusammenzutun, um Konföderationen usw. zu bilden, immer unter dem Vorbehalt, diese Abkommen frei und einseitig ohne Mißachtung der Rechte anderer Völker zu brechen
Artikel 15
Jedes Volk hat das Recht, in den Genuß der natürlichen Ressourcen dieses Planeten und des Universums, des technischen Fortschrittes, des wissenschaftlichen Prozesses und des wirtschaftlichen Gleichgewichtes zu gelangen, welche das gemeinsame Erbe der Menschheit bilden.
Artikel 16
Jedes Volk hat das Recht auf Solidarität, welches die Zusammenarbeit unter Völkern, die ausdrückliche Anerkennung der sie formenden Identitäten, die Anerkennung der Grundsätze von Gerechtigkeit und Wechselseitigkeit, den Austausch des nationalen Reichtums und der technologischen Entwicklungen und des wirtschaftlichen und sozialen Fortschrittes ebenso wie den Austausch anderer Waren beinhaltet.
Artikel 17
Jedes Volk hat das Recht, die Nutzung des natürlichen Reichtums und des technologischen Fortschrittes für Absichten und unter Bedingungen, die Gesundheit und Sicherheit anderer Völker oder die ökologische Basis der Umwelt gefährden, zu verhindern.
Artikel 18
Jedes Volk hat das Recht auf Wiederherstellung seines eigenen Besitzes ebenso wie auf eine angemessene Entschödigung, wenn es vollständig oder teilweise seines natürlichen Reichtums beraubt wurde oder hinsichtlich seiner Souveränität oder der ökologischen Balance seiner Umwelt betroffen wurde.
Artikel 19
Jedes Volk hat das Recht zur direkten Klage vor den internationalen Gerichten, in welchen die Verantwortlichen demokratisch von allen Völkern gewählt und die Vertreter der verhandelnden Parteien einvernehmlich ausgewählt werden.
Abschnitt IV. Die Rechte der Angehörigen der Völker
Artikel 20
Jede Person, ob sie unter ihrem eigenen Volk lebt oder nicht, hat unter Beachtung der hier angeführten kollektiven Rechte das Recht auf volle Ausübung aller von den verschiedenen internationalen Erklärungen, Konventionen und Pakten anerkannten individuellen Rechte.
Sektion V. Rechtliche Anmerkungen
Artikel 21
Gemäß der Normen internationalen Rechts, welche durch die Grundsätze der vorliegenden Erklärung vervollständigt werden, hat jedes Volk, daß eines seiner kollektiven Rechte durch Waffengewalt oder durch andere Druckmittel beraubt wird, das Recht auf Widerstand unter Anwendung der für Verteidigung und volle Wiederherstellung für richtig erachteten Mittel.
Artikel 22
Jedes Volk, auch wenn es anerkannt ist, hat, sofern es in eine abhängige, diskriminierende, kolonialistische Situation oder anderen Beschränkungen seiner Souveränität ausgesetzt ist, das Recht, die in Artikel 21 genannten Mittel und Methoden anzuwenden, um seine Unabhängigkeit und die volle Ausübung der jedem Volk zustehenden Rechte zu erlangen.
Sektor VI. Abschließende Klauseln
Artikel 23
Die formelle Anerkennung dieser Erklärung bringt das Verschwinden aller Situationen, welche die kollektiven Rechte der Völker verneinen oder beschränken, und das Ende aller ihnen entgegengesetzten staatlichen und internationalen juristischen Bedingungen mit sich.
Artikel 24
Die Unterzeichner dieser Erklärung hoffen auf die Anerkennung aller Völker und ihrer kollektiven Rechte durch die zuständigen internationalen Organisationen und die Vertretung aller Völker in denselben. Diese Organisationen werden daher die Aufgabe haben, die Respektierung der hier definierten kollektiven Rechte der Völker sicherzustellen und zu intervenieren, um Verletzungen dieser Rechte zu beenden.